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31.03.2016 13:05:44
9. Kap. SCHACH UND QUANTEN: ERSTE EINSICHTEN

"...our scientific pastime" Wilhelm Steinitz (1889/1984, S. VIII), Schachweltmeister.

Und jetzt endlich, das Wenige, aber sehr Anregende, was ich bisher bei anderen Autoren zu Schach UND Quanten fand - selbstverständlich sind Hinweise auf weitere Fundstellen willkommen! Ausserdem gibt es meine ersten Internet-Veröffentlichungen zum Thema und nochmals Physik- und Quanten-Durchblicker Feynman sowie Physiker John Gribbin.

Erste Parallelen zwischen Schach und Quantenmechanik
Der jugoslawische Großmeister und Elektro-Ingenieur Dr. Milan Vidmar (1885-1962) befasste sich in seinem Erinnerungsbuch Goldene Schachzeiten auf einigen Seiten, ähnlich wie Tarrasch und Snosko-Borowsky, mit Raum, Zeit und Kraft im Schach. Er bezeichnet das Schachbrett, als "Lebensraum der Schachpartie" (1981, S. 22); schreibt, das Leben der Partie setze sich aus Figuren sowie der Zeit zusammen und erklärt dazu: "...Figuren, die in Wirklichkeit nur Träger verschiedenartiger Kräfte sind, und aus der ablaufenden Zeit, in der sich das Partieleben abwickelt, und die deutlich wahrnehmbar aus [in?, R.M.] Teilchen - der Physiker würde sagen aus Quanten -, die wir Schachspieler Züge...nennen, zerfällt" (Vidmar 1981, S. 20).

Vidmar führt höchst interessant in Hinblick auf Schach und Quantenphysik aus: "Die Schachpartie ist nach all dem eine unheimliche Miniatur des Weltalllebens, sie ist allerdings auch eine wertvolle Miniatur des menschlichen Lebens. Im winzigen Schachweltall ist alles gequantelt, d.h. aus diskreten Teilen zusammengesetzt, sogar die Zeit, aber auch der Raum. Die neuzeitige Physik steuert tiefer und tiefer in das Quanteln, in das Auflösen in diskrete Teilchen hinein...und längst ist es nicht mehr wahr, was noch vor einem Jahrhundert unantastbar erschien, nämlich die Behauptung 'natura non facit saltus' [Die Natur macht keine Sprünge, R.M.]. Die Schachwelt verwirklicht ihre 'saltus' in den Zügen" (1981, S. 23).

Quanten und Schachspieler probieren viele mögliche Wege
Meine eigenen ersten Schritte auf einem winzigen Pfad ins Quantenland liegen schon weit zurück. Vor etwa 20 Jahren las ich in dem Buch Der Geist im Atom (Davies & Brown 1993) in Hinblick auf das berühmte Doppelspalt-Experiment (siehe Kap. ) der Quantenphysik folgendes (S. 20): "Es kann zweckdienlich sein, sich vorzustellen, dass jedem Teilchen unendlich viele Bahnen zugeordnet sind... Die Unbestimmtheit seiner Aktivität ermöglicht ihm, viele verschiedene Bahnen abzutasten". Dabei dachte ich seltsamerweise sofort - durch einen Quanteneffekt in meinem Gehirn? - an die Variantenberechnung eines Schachspielers bei der Analyse der Position (Berechnung und Bewertung von Schachzügen / Planung bzw. Strategie und Taktik). Dann kam mir dazu auch das allgemeine Planen und Handeln von Menschen in den "Sinn": Pläne, Wege, Ziele, bei dem oftmals verschiedene Wege durchdacht werden und gedanklich probe-gehandelt wird. Bald fand ich eine entsprechende Abbildung zur Quantenphysik in Davies Die Urkraft (1990, S. 309 muss noch eingefügt werden), darunter steht u.a. ähnlich der obigen Formulierung: "Das Teilchen 'tastet' alle möglichen Wege von A nach B 'aus'". Meine Analogie: Ausgang der Berechnungen (Gedankenbewegungen) ist die aktuelle Lage A auf dem Brett und B der nächste Zug, der ausgeführt werden soll. Greene gebraucht statt ab- bzw. austasten, das besser zum Schachdenken passende Verb ausprobieren (2000, S. 137): "nach Feynman ist es so, dass das Elektron jede mögliche Bahn zwischen Ausgangs- und Endpunkt 'ausprobiert'".

Meine ersten Überlegungen, Fragmente und optimistischen Forschungskonzepte zum Thema im Internet
Über die Jahre hinweg befasste ich mich oft mit Schach und Wissenschaft und gelegentlich mit der für mich zunächst bizarren Beziehung zwischen Schach und Quantenphysik. Ab und zu schrieb ich dazu ein paar Sätze auf und stellte diese Fragmente ab 2013 ins Internet.[www.mikrowellenterror.de]
Um Überschneidungen/Textwiederholungen zu vermeiden, hier nur ein kurzer Auszug:

"Schach und Quantenphysik 31.01.2013
Für meine Schach- und Physikfreunde sowie Hölderlinux:
Schach, Gehirn und Quanten (Fragmente 1996-2013)
...- Ein Schachparadigma zur Quantenphysik -
... Zum Beispiel in Hinblick auf:
Schach als Metapher, Analogie oder Paradigma für Quantentheorie bzw. Quantenrealität
Zugwahl und Wellenfunktion
Die Existenz aus der Information ("It from bit" Wheeler) auf Schach übertragen
Quantenverschränkung auf 64 Feldern: Schach und Matt mit spukhafter Fernwirkung
Die Schachpartie als Experiment
Das Beobachtungs- und Messproblem der Quantentheorie mittels Schachprozessen betrachtet und diskutiert
Determinierende Tendenz trotz Quantenzufall
Quantensprünge in neuronalen Netzen
Struktur- und Prozessverschmelzung
Der Quanten-Schmetterlingseffekt: Neuronen, Quanten und ordentliches Chaos
Neuronenverschränkung im Gehirn durch Quantenprozesse?
Verschiedene Verschränkungsmechanismen und Verschränkungsmatrix
Der Übergang von quantenmechanischen mentalen Prozessen zu handfesten Handlungen (im Schach) im und durch den Menschen
Unser (alltägliches) Handeln beeinflusst (manche) Quantenprozesse
Zur Veranschaulichung, Beschreibung oder gar Erklärung von Quantenphänomenen: Ein Schachparadigma zur Quantenphysik

Schach hilft (mir), die Suche nach dem tiefen Verständnis der Quantentheorie nicht aufzugeben: Schachspielen als reales Gedankenexperiment und Mittel zur Quantenphilosophie. Vielleicht ergibt sich durch Schach und seine Spieler auch ein zukünftiges Paradigma für experimentelle Neuro-Quantenphysik. - Wir werden mal spielen, dann analysieren...".

Bald postete ich verschiedene Anregungen, Hinweise und Forschungsabsichten im Interntportal/Forum bei Telepolis [www.heise.de] . Zum Beispiel mit diesen Ausführungen (13.07.2013 link):
"Schach und Quantenphysik
'Gott würfelt nicht' - Spielt er Schach?!
Quantensprünge mit berühmten Physikern und anderen Genies
'Herrlich war es für mich den Zwiegesprächen zwischen Einstein und
Bohr beizuwohnen. Schachspielartig' (Physikprofessor Ehrenfest).
Quantenschach gefällig? Bereit für "kurze Blicke in eine andere
Ordnung des Seins..." (wie Pynchon allgemein formulierte 2003, S.
379). Ich stelle die Züge der Quantenspieler dar, ihr "Herumspielen
mit Photonen" (Zeilinger 2005, S. 181) sowie ihre geistigen
Quantensprünge; mache selbst ab und zu eine dilettantische Anmerkung
und unbescheidene Vorschläge. Wir diskutieren das Mögliche und das
Reale, das Unbestimmte und Zufällige, das Verschränkte und Verrückte
sowie das Paradoxe und scheinbar Absurde. Schliesslich versuche ich,
Schach quantenartig zu durchdringen sowie die Quantenphysik
schachspielartig zu betrachten. Können Sie sich z.B. Schachzüge als
gequantelte Schachgedanken vorstellen? Oder Schachüberlegungen als
überlagerte Wellen bzw. Quanten-Bewegungen in neuronalen Netzen
verstehen? Die Überschneidung von Möglichem und Verwirklichtem
mittels Schachstrategien verdeutlichen? Nein! Also, willkommen im
Club!
Hilft es zum Verständnis der Quantenphysik die Würfel-Metapher durch
die Schach-Metapher zu ergänzen oder zu ersetzen? Bringt es etwas,
die Zugmöglichkeiten einer Schachfigur bzw. eines Schachspielers als
Analogie für das vermeintlich seltsame Verhalten von Quanten heran zu
"ziehen"? Wir werden mal spielen, dann analysieren.

DAS SCHNELLE SCHACHSPIEL DER GÖTTER UND DENKER
Physiknobelpreisträger Feynman schlägt folgende Strategie vor:
"Betrachten wir die Physik oder lieber die Natur als ein
riesengroßes Schachspiel mit Millionen und Abermillionen Steinen,
dessen Regeln wir herausfinden möchten. Die großen Götter, die
dieses Schach spielen, sind sehr rasch, und wir haben unsere liebe
Not, die Züge zu beobachten und etwas mitzubekommen" (1993, S. 77-78,
Vom Wesen physikalischer Gesetze).

Klingt quantenschnell! Relativ einfach für Schachspieler würde
Einstein wohl behaupten, er sagt: "Schach ist das schnellste Spiel
der Welt, weil man in jeder Sekunde Tausende von Gedanken ordnen
muss." (vergl. [www.zeit.de] .).
Aber erst mal entschleunigen: Wenn man Schach, Quanten und die Welt
simultan analysieren will, und Gott auch noch im Spiel ist, brauchen
selbst schnelle Denker etwas Bedenkzeit. Wir Schachspieler mögen zwar
komplizerte Probleme, neigen aber zum Grübeln beim Finden
"brillanter" Kombinationen; Blitz- und Quantenschach kommen erst
später. Feynman sagt ja selbst in Hinblick auf die Rätsel der
Quantenphysik: "lehnen Sie sich entspannt zurück und geniessen Sie"
(1993, S. 160).
Wer mitdenken und kombinieren will, hier gehts weiter:
[www.findefux.de]
Dr. Reinhard Munzert" - Soweit mein ausführliches Posting auf Telepolis 2013.

Physiknobelpreisträger Feynman und Schach
Wie schon dargestellt, brachte dieser herausragende Forscher einige bemerkenswerte Vergleiche von Physik mit Schach: "I often use the analogy of a chess game..." Feynman (1989, S. 204), alternativ: "Ich benutze als Analogie dafür häufig das Schachspiel... die gegenwärtige Situation in der Physik ist ungefähr so, als ob wir Schach spielen würden, ohne ein oder zwei bestimmte Regeln nicht zu kennen" (in Davies & Brown, Superstrings, 1992, S. 240). Eines meiner Lieblingszitate wurde schon oben gebracht unter: DAS SCHNELLE SCHACHSPIEL DER GÖTTER UND DENKER.

John Gribbin in Schrödingers Katze
Der Physiker, Sachbuchautor und Feynman Biograf J. Gribbin hat in seinem Bestseller zur Atom- und Quantenphysik Auf der Suche nach Schrödingers Katze auf die Parallele hingewiesen, dass sich Quantenzustände wie Schachfelder mittels einer Buchstaben-Zahlenkombination (mathematisch) beschreiben lassen. "Jedes Feld eines Schachbretts kann mit Hilfe einer Paarkombination aus Buchstaben und Zahlen identifiziert werden. Quantenmechanische Zustände werden ebenfalls durch Zahlenpaare definiert" (Gribbin 1987/2015, S. 119). In diesem Kontext schreibt er in einer Bildunterschrift über die alte englische Notierung von Schachfeldern und Zügen (S. 120): "Der Zustand jedes Feldes auf dem Schachbrett ist durch die Figur bestimmt, die es besetzt." Ebenso wie Feynman gebraucht Gribbin den Begriff bzw. das Konzept "Schach-Analogie" (S. 120).
In einem Punkt kann ich Gribbin nicht zustimmen: Er vergleicht (S. 120 und S. 125) eine Zustandsveränderung eines Quanten, über die man nichts wissen könne, mit einem Schachzug. Und beschreibt (S. 125) z.B. den Bauernzug d2-d4, als "den Übergang eines Bauern aus einem 'Zustand' in einen anderen (und dabei wissen wir, genau wie in der Welt der Quanten, NICHTS darüber, wie der Bauer aus einem Zustand in den anderen gelangt ist, ein Umstand, der noch deutlicher wird, wenn wir den Zug des Springers betrachten)."
Meistens wissen Schachspieler - trotz aller Intuition und unbewusster Vorgänge - schon wie ihr Zug zustande gekommen und ausgeführt wurde, nämlich durch Überlegungen (Informationsverarbeitung) und Handeln (der konkreten Zugausführung) auf dem Brett bzw. Eingabe in den verwendeten Computer/Gadget. Dazu später mehr.

Mittlerweile gibt es einen Ansatz Schach als Quantenspiel zu entwickeln. Vom Entwickler so vorgestellt:
"My name is Chris Cantwell. I’ve been a graduate student at USC, for far too long, studying quantum computing.... In March of 2014 I started work on a project for a course I was taking that dealt with invention and creativity. That project has taken on a life of its own, and turned into Quantum Chess. I’m excited to finally be sharing my creation with the world!"

10. Kap. Quanten setzen gesunden Menschenverstand matt: Quantenversteher dringend gesucht! - Was hat das Alles zu bedeuten?

"...daß wir in einer seltsamen Quantenwelt leben, die sich einer einfachen, dem gesunden Menschenverstand einleuchtenden Interpretation entzieht" A. Shimony (1996, S. 70), Physiker & Philosoph.

QUANTENVERSTEHER GESUCHT!

Schon in Kap. 5 haben wir darauf hingewiesen, das die Quantentheorie den gesunden Menschenverstand und die gängige Logik mattsetzt. Dies ist keine Übertreibung. Legendär sind Ausführungen berühmter Quantenmechaniker über ihre Theorie. So Nobelpreisträger Gell-Mann: "Die Entdeckung der Quantenmechanik ist eine der grössten Errungenschaften der Menschheit, aber auch eine der am schwersten zu begreifenden - selbst für jene Wissenschaftler, die über Jahrzehnte hinweg tagtäglich mit ihr gearbeitet haben" (1994 , S. 189).

Wenn man schon (fast) matt ist, sollte man sich das Spektrum der entschuldigenden Erklärungen ansehen.
Davies & Gribbin (1993, S. 196): "...halten wir uns vor Augen, daß dieser gesunde Menschenverstand auf der Erfahrung mit Objekten beruht, die sehr viel größer als Photonen oder Atome sind, und es gibt keinen Grund, warum er ein guter Wegweiser für Vorgänge auf der atomaren Ebene sein sollte".

"wirklich so absurd" ~~ "lehrreiche fremdartige Welt"
Heisenberg blickt zurück (2014, S. 19): "Ich erinnere mich an viele Diskussionen mit Bohr, die bis spät in die Nacht dauerten und fast in Verzweiflung endeten. Und wenn ich am Ende solcher Diskussionen noch allein einen kurzen Spaziergang im benachbarten Park unternahm, wiederholte ich mir immer und immer wieder die Frage, ob die Natur wirklich so absurd sein könne, wie sie uns in diesen Atomexperimenten erschien".
Bohr bemerkte treffend: "...wenn man nicht zunächst über die Quantentheorie entsetzt ist, kann man sie doch unmöglich verstanden haben" (zit. nach Heisenberg 1988, S. 241).
Und Quantengigant Feynman unumwunden: "...kann ich mit Sicherheit behaupten, daß niemand die Quantenmechanik versteht“ (1993, S.160). [Siehe auch: 100 Years of Quantum Mysteries (Tegmark & Wheeler 2001).]

Aber das hat auch seinen Reiz - zumindest für manche, z.B. mich. Prof. Zeilinger (2005, S. 21) erklärt's: "Warum sind viele Physiker und Philosophen noch heute von der Quantenphysik so fasziniert? Das liegt daran, dass diese Quantenphysik ein Verhalten von Quantenteilchen vorhersagt, das unserem üblichen Alltagsverständnis vollkommen widerspricht." - Immerhin, geteilte Verwirrung ist halbe Erkenntnis.

Polkinghorne spricht von einer "fremdartigen Welt" und bemerkt: "Wenn Physik uns irgendetwas lehrt, dann sicherlich dies, dass die Wirklichkeit überraschend ist. Sie nötigt uns, Prozesse zu denken, die wir, hätte die Natur uns nicht auf sie gestoßen, uns niemals hätten vorstellen können" (Die Konsequenzen der Quantentheorie, Link).

Greene ermutigt: "Wenn wir die Kühnheit aufbringen, radikale Fragen zu stellen, müssen wir vielleicht ein unerwartetes Maß an Flexibilität aufbringen, um die Antworten zu akzeptieren" (2000, S. 134).

Selbst den Physikgiganten, auf deren Schultern wir noch lange nicht stehen, ist bislang keine befriedigende Quanteninterpretation gelungen, geschweige denn zum Angstgegner, dem MenschenverstandMattsetzer Nr. 1, der "spukhaften Fernwirkung" (Einstein).

Also auf zu Leichterem? So schnell aufgeben, wir haben doch noch nichtmal Remis angeboten! So gewinnt man keine Partien oder zentrale Erkenntnisse! Das Indische Schachproblem konnte bei Erstveröffentlichung auch niemand lösen, später gings dann doch!

Manche Physiker hoff(t)en, dass die Lösung der Deutungsprobleme von aussen kommt. So der herausragende theoretische Physiker John Bell: "...sehr gut möglich, dass diejenigen, die sich auf diese Fragen so fixiert haben, den Lösungsweg gar nicht finden." Und: "Die Lösung unserer Probleme kommt sehr wahrscheinlich durch die Hintertür; vermutlich wird gerade jemand, der sich gar nicht mit den Schwierigkeiten beschäftigt, über die ich mir den Kopf zerbreche, plötzlich Licht sehen" (Bell in Davies & Brown 1993, S. 70).

Thomas Kuhn, betrachtet in seinem Buch Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen, (1988, S. 155) einen Wissenschaftler als Rätsellöser und vergleicht diesen mit einem Schachspieler, der "bei der Suche nach einer Lösung verschiedene mögliche Züge ausprobiert".

ALSO, SPIELEN WIR MIT!
Vielleicht schaffen es ja Schachspieler, die verborgenen Kombinationen der Quantenwelt zu durchschauen!? Einen Vorteil haben wir: Schachfiguren sind etwas handfester als Quanten und manche springen auch sichtbar herum :-). Spielen wir mit! Wir sind am Zug!

11. Kap. SCHACH UND QUANTENVERSCHRÄNKUNG
Schachkombinationen, das indische Schachproblem und Quanten

"Wir müssen jegliche Hoffnung aufgeben, die Vorgänge auf atomarer Ebene mit unseren gängigen Begriffen und Vorstellungen wie Teilchen und Wellen anschaulich beschreiben zu können" (Hey & Walters, Quantenforscher 1990, S. 19).
"Durch Aufgeben, wurde noch nie eine Partie gewonnen" (alte Schachweisheit)

Schach öffnet neue intellektuelle Spielräume, sogar zur Quantenphysik. Kombinieren Sie mit!

DAS UNFASSBARE
Unter den Entdeckern und Wegbereitern der Quantenphysik fanden ausführliche und manchmal heftige wissenschaftliche Diskussionen über Quantenphänomene und -effekte statt. Am umstrittensten war und ist die Quantenverschränkung (engl. entanglement) auf weite Entfernung. Einstein bezeichnete weitreichende Verschränkungen skeptisch als "spukhafte Fernwirkungen".

"Verschränkung: Quantenphänomen, bei dem zwei oder mehr Teilchen unauflöslich verbunden bleiben, so weit sie auch voneinander entfernt sein mögen" (Kumar 2009, S. 468). Physiker sprechen hier auch von Wechselwirkungen (in verschränkten Systemen) bzw. davon, dass die Quanten wechselwirken oder korreliert sind. Die verschränkten Quanten bleiben so miteinander verbunden, dass eine Änderung (Messung, systematische Beobachtung, Aktivität) bei einem Partner, sofort eine Veränderung an dem oder den verschränkten Partner(n) ergibt.

Prof. Zeilinger (2005) erläutert: "Der österreichische Physiker Erwin Schrödinger hat den Begriff 1935 eingeführt, und er hat auch gleich gesagt, dass die Verschränkung jenes Phänomen der Quantenphysik ist, das uns zwingt, von all unseren liebgewordenen Vorstellungen über die Welt Abschied zu nehmen".

Wirkung ohne Signal- oder Informationsübertragung
Selbst einfühlsame Quantenversteher können bislang die Quantenverschränkung auf weite Distanzen nicht erklären. Zeilinger, einer der herausragenden lebenden Quantenphysiker, bemerkt: "Das Verrückte ist, dass zwischen verschränkten Photonen keinerlei Informationen ausgetauscht werden. Richtig vorstellen kann auch ich mir nicht, was bei diesem Vorgang jenseits von Zeit und Raum vor sich geht" (in Stampf/Spiegel 2005, S. 181). In Physikerkreisen besteht weitgehend Übereinstimmung, dass die sofortige Fernwirkung OHNE Informationsübermittlung bzw. ohne Signal- oder sonstige bekannte Wirkung stattfindet!

Entstehung der Verschränkung und Verschränkungswissen
Am ehesten ist noch die Entstehung der Verschränkung allgemein beschreibbar: "Wenn zwei Teilchen, etwa zwei Photonen, in Kontakt kommen, kann es passieren, dass sie dauerhaft miteinander in Verbindung bleiben" (Stampf/Spiegel 2005, S. 180). Interessant ist, dass Nobelpreisträger Schrödinger nicht nur Teilchen oder Körper verschränkt sieht, sondern auch unser Wissen um die jeweilige Verbindung (Wechselwirkung): "Wenn zwei getrennte Körper, die einzeln maximal bekannt sind, in eine Situation kommen, in der sie aufeinander einwirken, und sich wieder trennen, dann kommt regelmäßig das zustande, was ich eben Verschränkung unseres Wissens um die beiden Körper nannte" (1935/1996, S. 28).

Schrödinger, Einstein, Bohr und Heisenberg versuchten Wechselwirkung und Verschränkung von Quanten in Gedankenexperimenten zu ergründen und zu verdeutlichen. Erst später konnten Quantenverschränkungen in Forschungslaboratorien tatsächlich hergestellt werden.
Auch mit modernster Forschungstechnik kann leider niemand beschreiben oder gar erklären, wie die unfassbare Fernwirkung funktioniert. Trotzdem wollte ich's verstehen. Deshalb habe ich für mein "Schachspielergehirn" nach einer griffigen Analogie gesucht, die mir mittels Schach die rätselhafte Verschränkung näher bringen könnte. Beginnen wir mit der lokalen Verschränkung - noch ohne Fernwirkung - auf dem normalen Schachbrett.

VERSCHRÄNKUNG AUF 64 FELDERN
Schachspielern muss man nicht erklären, dass dieses Spiel auf Wechselwirkungen von Schachsteinen beruht, die beim erfolgreichen Spielen harmonisch zusammenwirken (müssen).-Oder sind es vielmehr wechselwirkende Schachgedanken?

Wechselwirkungen und Kombinationen
Augenfällig wird dies besonders bei Kombinationen. Ein wesentliches Bestimmungsstück von Schachkombinationen ist eine "Zugfolge durch sinnvolles Zusammenwirken von Figuren" (Kleines Lexikon Schach/Bönsch 1989, S. 51) die, wenn sie gut durchdacht ist, zwingend zum Vorteil des Kombinierers führt oder gleich zum Matt des Gegners (Mattkombination).

Quantenverschränkung mit Schach verständlich gemacht
Wer sich unsichtbare, komplizierte und kaum fassbare quantenmechanische Vorgänge vorstellen möchte, kann dies vielleicht anschaulicher mittels Schachfiguren und deren Wechselwirkungen. Teuere Apparate und Versuchsanordnungen, die sich nur Forschungseinrichtungen leisten können sowie das Know-how spezialisierter Forscher sind dazu nicht nötig.

Durch Züge werden die Schachsteine miteinander gedanklich (unsichtbar) und handelnd verbunden, dies kann m.E. als Verschränkung betrachtet werden. Potentiell erkennbar sind diese Verschränkungen an Hand taktischer Kombinationen bzw. durch Erläuterungen von Spielern/Experten.

SCHACH ALS ANALOGIE: Beispiel DAS INDISCHE SCHACHPROBLEM
Gut eignet sich zur Demonstration meiner Überlegungen das Indische Schachproblem. Eine Schachkomposition: Matt in vier bzw. drei Zügen, die wegen einer neuartigen Idee des Erfinders viel Erstaunen und Bewunderung hervorrief.
"Der geniale Einfall des in Indien stationierten Rev. Mr. Loveday stand Pate zu einer neuen Richtung im Problemschach... bei seinem erstmaligen Erscheinen [Veröffentlichung ohne Lösungsangabe in mehreren europäischen Schachzeitschriften um 1845, R.M.] fand niemand die Lösung des Problems" (Schubirz & Brinckmann 1968, S. 94-95). Ich beziehe mich auf den "Inder", in der Version wie er als Matt in drei Zügen in Schubirz und Brinckmann (1968, S. 94-95 & 100) zu finden ist. Die Problemstellung und die richtigen Lösungszüge sehen wie folgt aus:
Weiß: König b5, Turm d1, Läufer g2 und Läufer h6, Bauer f2 und Bauer g4.
Schwarz: König e4, Springer f3, Bauer b7 und Bauer e5.

Die Züge zum Matt: 1. Läufer h6-c1, dieser Zug ist schwer zu finden, weil er zunächst sinn- bzw. wirkungslos erscheint. Der erfolgreiche Problemlöser sieht den Zug Läufer h6-c1 schon gedanklich in Wechselwirkung (mental verschränkt) mit seinem nächsten Zug - nachdem Schwarz gezogen haben wird.
- Schwarz kann nur mit dem Bauern b7 ziehen, 1...b7-b6, der Springer ist gefesselt, der König hat kein Feld, auf dem er nicht im Schach stehen würde und kann momentan nicht ziehen.

2. Turm d1-d2, der Turm verstellt dem eigenen Läufer auf c1 damit die Wirkung auf Feld f4. Dieser Zug macht nur Sinn, durch den vorhergehenden intuitiv sinnlos erscheinenden Zug Läufer auf c1. Meines Erachtens kann man dazu sagen: die beiden weißen Züge und Figuren wechselwirken miteinander und sind real/faktisch verschränkt.
- Jetzt kann und muss Schwarz den König nach f4 ziehen (sein einziger Zug) 2...e4-f4.

[evtl. weglassen: In dieser Position wird Schwarz im nächsten Zug von Weiß matt sein, falls Weiß 3. Turm d2-d4 zieht, bei allen anderen Zügen von Weiß ist Schwarz (noch) nicht matt. - Nebenbei sei für geübte Quantenversteher ergänzt: Man kann nach dem 2. Zug von Weiß zusätzlich eine Überlagerung von Möglichkeiten im quantenmechanischen Sinne sehen, vgl. meine Überlegungen zur Wellenfunktion eines Schachgedankens (Munzert 2014/2015 in Teil 4 [www.mikrowellenterror.de] ). Je nachdem, ob Weiß Turm d2-d4 zieht oder nicht, bricht die Zustands- bzw. Wellenfunktion der Problemlösung zusammen oder besteht weiterhin.]

3. Turm d2-d4, öffnet! die Wirkungsdiagonale für den Läufer auf c1 wieder und gleichzeitig bietet der Turm auf der 4. Reihe Schach, also doppeltes Schach und matt!

Ganzheitliches Zusammenwirken, aktive und passive Verschränkungskonstellation(en)
Hier findet verschränktes Systemgeschehen statt. Die beiden weißen Figuren und deren Züge wechselwirken miteinander oder quantenmechanisch formuliert: sie sind verschränkt. Die Verschränkung (der Figuren) beginnt im Kopf des Schachspielers bzw. Problemlösers. Wenn ein Prolemlöser den scheinbar sinnlosen Zug Lc1 macht, dann hat er mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits den Zug Turm d2 im Sinn bzw. im Gehirn. Die beiden Züge sind dann mental, man kann auch sagen: kognitiv, verknüpft. Die angestrebte Wirkung (Mattsetzen im dritten Zug) hängt von der optimalen Verschränkung der zwei aktiven weißen Schachfiguren ab. Zunächst sind also die beiden ins Geschehen verwickelten, agierenden weißen Figuren, Läufer und Turm, sowie deren drei Züge verschränkt (Verschränkung erster Ordnung). Bei genauer Betrachtung wird ersichtlich, dass die jeweils einzig möglichen Züge von Schwarz Bauernzug 1...b7-b6, 2...Zug des Königs e4-f4 von den weißen Zügen und der gesamten Stellung abhängig sind (Verschränkung zweiter Ordnung). Man beachte, dass die perfekte Problemlösung, das Mattsetzen in drei Zügen, nur möglich wird, unter der passiven Mit-Wirkung vierer Bauern, eines fesselnden Läufers (auf g2), sowie eines passiven (durch den Läufer gefesselten) Springers (passive Verschränkung). Würde z.B. der weisse Bauer auf f2 oder g4 fehlen, so hätte der Zug 1. Lh6-c1 keinen Sinn und ein Matt in drei Zügen wäre nicht möglich.
Verschiedene aktive und passive Verschränkungen (z.B. Fesselung) können als Verschränkungskonstellationen in einem mehrfach verknüpften System verstanden werden. Will man Verknüpfungen der Problemlösung mit Schachregeln und Quantenprozessen im Gehirn bzw. in neuronalen Netzen des Spielers aufzeigen, ist es möglich von Verschränkungen höherer Ordnung zu sprechen.

Das indische Problem erscheint geeignet, unabhängig vom ursprünglichen Problemschach, schnell und einfach aufzuzeigen - wenn man die drei Lösungszüge nachvollzieht -, was ich als Schachanalogie zur Entstehung (und Wirkung) von Quantenverschränkung vorschlage.

Und wie ist es bei echten Schachpartien? Man kann die gleichen Überlegungen an zahlreichen anderen Kombinationen aufzeigen, auch wenn diese meist nicht ganz so aussergewöhnlich sind wie der Inder. Ähnliche Züge, verwickelte Kombinationen und Manöver kommen selbstverständlich millionenfach in realen Schachpartien vor.

ANALOGIE ODER NOCH MEHR?
Aber Schachspielen hat ja nichts mit Quantenphysik zu tun, oder DOCH!? Die Lösungs-Züge und Figuren sind miteinader verschränkt. Ob dies mit Quantenmechanik zusammenhängt oder nur - beziehungsweise immerhin - eine Verdeutlichung schwer verstehbarer Vorgänge darstellt, wird an anderer Stelle (Munzert 2014/2015 [www.mikrowellenterror.de] sowie in Vorbereitung) behandelt. Zu dieser Thematik ist jedes Argument dafür oder dagegen besonders willkommen! Schon mal als Eröffnungszug ins Denkspiel gebracht: "Die Quantenrealität der Mikrowelt ist untrennbar mit der Struktur der Makrowelt verbunden" (Davies & Brown 1993, S. 23). Schachfiguren bestehen aus Atomen / Quanten, Hirne denken mittels Neuronen und neuronaler Netze, auch beim Schach (siehe dazu Munzert 1988 Neuro-Schachcomputer bzw. mein Buch Schachpsychologie ab 3. Aufl. 1993 Kap. 27, darin auf Seite 327 auch die schematische Darstellung eines neuronalen Netzwerks), in diesen sind Billionen Quanten aktiv. Spekulation: In einem Gehirn voll mit Milliarden Neuronen und noch mehr Quanten sind diejenigen Quanten, welche die beiden Züge (mit-)generieren und sich mit ihnen befassen, wohl verschränkt, vermutlich in einem größeren Quantensystem bzw. Teil eines neuronalen Netzwerks!
Bekanntlich gibt es besonders begabte Schachspieler, die überhaupt kein Schachbrett und keine Steine brauchen, und nur in bzw. mit ihrem Kopf Schach spielen. Eines steht fest, bei Verlagerung des Hauptgeschehens vom Schachbrett in den Kopf des Problemlösers wird es spannend. Bei eventuellen Quantenprozessen im Gehirn des suchenden oder findenden Schachdenkers sind wir an den Grenzen des gegenwärtigen Wissens.

Parallelen zum ganzheitlichen Verständnis der Quantentheorie und Informations-Ansatz
Mein Vorschlag passt auch zu Ansätzen, die "Quantentheorie als Theorie der Beziehungen" konzipieren (Görnitz 1999, S. 101). Oder den "ganzheitlichen Charakter der Quantenphysik" hervorheben (Davies & Brown 1993, S. 23): "Das Teil hat...für sich allein keine Bedeutung, sondern nur in Verbindung mit dem Ganzen".

Ausserdem lassen sich Parallelen zum hochaktuellen Informations-Ansatz (quantum information theory) der Quantenphysik herstellen, für den Wissen und Information essentiell sind und Quantensysteme als Träger von Informationen verstanden werden, "where the information about the properties of a set of quantum particles becomes shared between all of them..." (Brooks 2011, S. 32). Naheliegendes Beispiel: Wer das indische Problem, die Lösungsidee oder die Lösungszüge schon kennt, bei dem werden im Gehirn zunächst andere (Quanten-)Prozesse aktiviert als bei Unkenntnis des Inders und entsprechenden eigenen Lösungsversuchen.

GEDANKENEXPERIMENT: SCHACH UND QUANTENVERSCHRÄNKUNG AUF ENTFERNUNG

Der absolute Quantenschocker ist die Quantenverschränkung auf weite Entfernung. Wie erwähnt, bezeichnete Einstein dieses real-existierende, äusserst wichtige Quantenphänomen nachdenklich-kritisch als "spukhafte Fernwirkungen" (in Einstein & Born Briefwechsel 1916-1955), brilliant übersetzt als "spooky action at a distance". Wir werden uns jetzt der Quantenverschränkung auf Distanz erstmals mit schachspielerischen Mitteln nähern und versuchen das Unfassbare fassbarer zu machen.

Betrachten wir das Schach bieten als Wirkung einer Schachfigur. Einfachst dargestellt mit zwei Figuren: Weißer Turm steht auf Feld d1, schwarzer König steht auf e8. Turm zieht auf e1 und bietet auf der offenen e-Linie, auf der keine weiteren Steine stehen, dem gegnerischen König Schach: Turm d1-e1 Schach! Durch den Zug entseht die Wirkung sofort!

Die Dehnung der Schachzone - Schachgebot mit Fernwirkung & spukhafte Schachwirkung
Stellen wir uns nun vor, das Schachbrett hätte größere Felder als üblich, so dass sich der schachbietende Turm und der König auf 10 oder 100 Meter Entfernung gegenüber stehen. Das Schach tritt durch den Zug des Turmes selbstverständlich trotzdem sofort ein, und zwar (auch) ohne Informationsübertragung an den schwarzen König oder den Spieler mit den schwarzen Steinen.

Würde der erweiterte Schach"raum" und die offene e-Linie bis zum Mars reichen oder gar bis zum Rande (falls vorhanden) des Kosmos: das Schachgebot ist stets sofort wirksam, auch wenn die Information "Schach!" noch Sekunden, Stunden oder Jahrmillionen zum Spielpartner unterwegs ist. Information braucht man zur Erkennung der Lage, der Stellung auf dem Brett, der Zugwahl, aber nicht zur Erreichung der Wirkung nach dem Schachgebot.

Ein Mechanismus, der über weite Entfernungen ohne Informationsübermittlung sofortige Wirkung erzielt!? Ist das eine spukhafte Fernwirkung, wenn man die Turm-König-Raum-Beziehung als verschränktes System betrachtet? - So habe ich mir jedenfalls nach vielen Gedanken-Experimenten die SOFORTIGE Fernwirkung OHNE Informationsübermittlung endlich vorstellen können.

Genau betrachtet erscheint die Schach-Fernwirkung keineswegs spukhaft, allenfalls der schachartige Mechanismus oder ein verstecktes Prinzip dafür. Wie ist es möglich, dass ohne Informationsübermittlung eine augenblickliche Zustandsänderung auf große Entfernung erreicht wird? Schachregeln spielen hier mit - und sonst noch etwas? Ob die "spukhafte" Schachwirkung als Analogie oder sogar als anschauliches Beispiel für einen Mechanismus / ein Prinzip der Quantenmechanik betrachtet werden kann, darüber lässt sich trefflich diskutieren - könnte für manche Denker fast so spannend wie ein verwickeltes Schachproblem sein.

SCHACHMATT AUF WEITE ENTFERNUNG - Spooky checkmate at a distance!
Ein weiteres Gedankenexperiment mit echten Realisierungschancen. Matt mit spukhafter Fernwirkung: sofortige Wirkung ohne Informationsübertragung bei Schachpartie mit Roboter Curiosity auf dem Mars! Nehmen wir an, Curiosity (oder ein Nachfolger) hätte auch ein Schachprogramm dabei und spielt via Funk (elektromagnetische Wellen mit nahezu Lichtgeschwindigkeit) mit der Bodenstation. Diese setzt ihn Matt. Durch den Zug entsteht die Wirkung auch auf Entfernung ohne Verzögerung. Schachmatt tritt sofort ein, vgl. Wikipedia: "Ein Schachmatt (oft auch einfach nur Matt) ist eine Stellung im Schachspiel, in der ein König im Schach steht und es keinen regelgerechten Zug gibt, dieses Schachgebot aufzuheben. Mit einem Schachmatt ist die Partie beendet und für den Spieler, dessen König schachmatt gesetzt wurde, verloren."
Das gilt auch, wenn der Gegner von der Erde aus auf dem Mars Matt gesetzt wird. Chess entanglement: Spooky checkmate at a distance! Curiosity ist schon augenblicklich matt, auch wenn er es noch nicht weiß. - Ein Schachzug wirkt sofort - auch im erweiterten Schachraum!

Natürlich ist jeder eingeladen mitzudenken, durchzuspielen und zu kritisieren! Wie sagte schon Einstein (zit. nach Kumar 2009, S. 421): "Ich habe hundertmal mehr über Quantenprobleme nachgedacht als über die allgemeine Relativitätstheorie".

12. Kap. QUANTEN UND INFORMATION

"...dass Information eine zentrale Rolle in der Quantenphysik spielt,...dass Quantenphysik eine Wissenschaft der Information ist...." (Prof. Zeilinger 2005a, S. 46).

Ein wichtiger Pionier des Quanteninformation-Ansatzes war der Princeton Physiker John A. Wheeler. Er verband die Quantenphysik mit der damals entstehenden Informationstheorie.
.
Das BIT, als Quant der Informationstheorie
Nach Wheeler ist die binäre Einheit, das bit, das Quant der Informationstheorie (vgl. Horgan 1997, S. 136). "Wheeler began to draw his colleagues' attention to some intriguing analogies between physics and information theory... Just as physics builds on an elementary, indivisible entity that depends on the act of observation —namely, the quantum— so does information theory. Its 'quantum' is the binary unit, or bit, which is a message representing one of two choices: heads or tails, yes or no, 0 or 1" [www.scientificamerican.com] ./

Die Existenz aus der Information: 'the it from the bit'
"Wheeler glaubte, dass alle materiellen Objekte sich aus Informationsbits zusammensetzten, und er drückte seine Idee durch diesen Slogan aus: 'It from bit'. - Das Seiende beruht auf Information" (Susskind 2010, S. 161). Der Wissenschaftsautor Horgan, der ein ausführliches Interview mit Wheeler führte, schreibt zu dessen Sichtweise: "Gemass dem Slogan 'the it from bit' ('das Es aus dem Bit') erzeugen wir mit den Fragen, die wir stellen, nicht nur die Wahrheit, sondern sogar die Wirklichkeit selbst - das 'It' " (Horgan 1997, S. 140). Ich übersetze das Motto meist mit 'die Existenz aus der Information'; in manchen Kontexten kann man es auch treffend als 'Existenz aus der Frage' oder 'Fakt durch Fragen' interpretieren.

Existenz durch Befragung/Fragen?
Manche Quantenforscher stellen Fragen direkt, ganz persönlich :-), an die Quanten. Dazu der eminente Quantenforscher Zeilinger: "Ich habe mit der Quantenphysik gelernt, wie wichtig es ist, die richtigen Fragen zu stellen! Je nach Frage steuert unsere Wirklichkeit in eine bestimmte Richtung. Wenn ich etwa ein Elektron frage: 'Bist du ein Teilchen?', dann wird es antworten: 'Ja, ich bin ein Teilchen!' Wenn ich es frage: 'Bist du eine Welle?', dann wird es sagen: 'Ja, ich bin eine Welle!' Wenn es einmal gesagt hat, es ist eine Welle, dann kann es nicht auch Teilchen sein – obwohl das vor der Frage möglich gewesen wäre. Ich entscheide also durch meine Frage, welche Möglichkeit Wirklichkeit wird." [http://diepresse.com] - Natürlich ist die "Befragung' von Quanten hier im übertragenen Sinne gemeint.

Altmeister Wheeler fragte: "Why the quantum?" Zeilinger anwortert: "Weil die Information über die Welt quantisiert ist" (2005 a, S. 226).

Quantensysteme als Träger von Information und Realität
Der moderne Quanteninformation-Ansatz (quantum information theory) betrachtet Quantensysteme als Träger von Informationen. Wobei wir wieder bei der Quantenverschränkung / entanglement sind: "At the heart of this field is the phenomenon of entanglement, where the information about the properties of a set of quantum particles becomes shared between all of them... One implication of quantum information experiments seems to be that information held in quantum particles lies at the root of reality" (Brooks 2011, S. 32).

Kurzkritik des Quanteninformation-Ansatzes
Obwohl mir der Quanteninformation-Ansatz sehr gut gefällt und für die Thematik Schach und Quantenphysik nahezu optimal ist, sei hier dennoch eine kurze kritische Anmerkung vorgebracht: Besteht der Mond wirklich (nur) aus Information? Kann man sich auf einen Stuhl setzen, der lediglich als Information existiert? Wenn Informationen alles wären, was existiert, könnte man die Speisekarte mit den Speisen verwechseln und über Geschmack und Nährwert enttäuscht sein. Treffender ist vielleicht, Information als Beschreibung einer bestimmten Wirklichkeit zu verstehen - mehr dazu später.

13. Kap. GANZHEITLICHES QUANTENGESCHEHEN & QUANTENPHYSIK BEI GRÖSSEREN OBJEKTEN UND LEBEWESEN

"quantum at all scales"

Quantentheorie als Physik der Beziehungen
Prof. Görnitz (im Buch Quanten sind anders, 1999): "Im Gegensatz zur klassischen Naturwissenschaft, die ich als Physik der Objekte gekennzeichnet habe, soll die Quantentheorie als eine Physik der Beziehungen vorgestellt werden... Üblicherweise spricht man, wenn 'das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile', von einer holistischen Struktur. Dies trifft auf die Quantenphysik zu!" (S. 106-107), siehe auch die Abbildung "Charakterisierung eines Quantensystems" auf S. 108 des Buchs von Görnitz.

Ebenfalls zum "ganzheitlichen Charakter der Quantenphysik" führen Davies & Brown (Der Geist im Atom 1993, S. 23) aus: "Das Teil hat...für sich allein keine Bedeutung, sondern nur in Verbindung mit dem Ganzen."

QUANTENPHYSIK BEI GRÖSSEREN OBJEKTEN UND LEBEWESEN:

Mittlerweile gibt es Bemühungen, die Quantenmechanik für grössere Objekte und Lebewesen - auch Menschen erkenntnisbringend heranzuziehen: Neuestes Motto der Quantenfans: Small is beautiful and strange - but "quantum at all scales"! Quantenphysik herrscht nicht nur im Bereich der Elementarteilchen, sondern auch bei grösseren Objekten und Lebewesen (siehe z.B. Vedral 2011).

"Quantum mechanics is not just about tiny particles. It applies to things of all sizes: birds, plants, maybe even people... Over the past several years experimentalists have seen quantum effects in a growing number of macroscopic systems. The quintessential quantum effect, entanglement, can occur in large systems..." (Vidral 2011, S. 20: Living in a Quantum World. Scientific American, June 2011). Und: "Small-scale physics has a 'spooky' power over the world at large" (Scientific American, cover, June 2011).

Quantenbiologie
Ohne Frage bestehen Lebewesen aus Materie und damit letztlich aus Quanten. Hierzu ein Auszug aus einem Überblicksartikel: "Kein Leben ohne Quanteneffekte? (Die Suche nach subtilen Phänomenen in verrauschten biologischen Systemen)" 3. November 2010 [www.nzz.ch]
"Quanteneffekte können sich anscheinend nicht nur unter den idealen Bedingungen eines Physiklabors bemerkbar machen, sondern auch in biologischen Systemen. Mangels klarer Befunde bleibt freilich noch viel Raum für Spekulationen. Lebewesen unterliegen genauso wie tote Materie der Quantenmechanik. Chemische Bindungen halten die Moleküle zusammen, diese tauschen Energiepakete untereinander aus... Die Väter der Quantenmechanik waren überzeugt, dass diese Theorie der Schlüssel nicht nur zum Verständnis der unbelebten Materie, sondern auch zum Verständnis des Lebens ist...
Quantenmechanische Phänomene...lassen sich selbst in spezialisierten Physiklabors nur mühsam untersuchen. Es braucht dazu üblicherweise Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt, isolierte Atome oder Moleküle und eine sorgsame Abschirmung von allen störenden Einflüssen. Können solche Effekte in biologischen Systemen, die ja warm, komplex und verrauscht sind, überhaupt wirken? Anhand von Experimenten und Simulationen hat man in den letzten Jahren verschiedene biologische Phänomene identifiziert, in denen nichttriviale Quanteneffekte möglicherweise eine Rolle spielen..."

"Are we ready for quantum biology?"
fragt NewScientist im Nov. 2014 als Titel der Buchbesprechung von "Life on the Edge: The coming of age of quantum biology" (Al-Khalili & McFadden 2014). Der Rezensent Prof. Cobb erinnert uns: "One of the most influential people to link quantum physics and biology was Erwin Schrödinger himself, whose book What is Life? inspired, among others, DNA pioneers James Watson and Francis Crick."

"Quantum Letters"
Cobb wendet jedoch ein, dass quantenmechanischen Effekte in Lebewesen eher trivial seien, ihre wirklich entscheidende Rolle noch nicht geklärt sei und die Autoren auch keine quantenmechanischen Gleichungen für ihre Behauptungen bereitstellten: "In their chapter on genes, Al-Khalili and McFadden boldly argue that genes 'are written in quantum letters' because quantum effects underlie the hydrogen bonds that hold the DNA double helix together. This is an example of the kind of trivial involvement quantum physics has in biology...: quantum effects lie beneath all molecular structures, but that does not mean that we can explain all phenomena in terms of quantum equations."
- Well, ich erlaube mir diesem Einwand damit zu begegnen: Um Buchstaben zu verstehen, brauche ich keine Gleichungen, auch wenn es sich dabei um Quantenbuchstaben handelt. Es ist schon ziemlich viel verlangt von Pionieren auf neuem Gebiet auch noch die Gleichungen z. B. zur Quantenverschränkung in Tier- und Pflanzenprozessen zu erhalten. Damit will ich es erstmal belassen, denn das Buch liegt mir noch nicht vor.

14. Kap. ERSTE ÄHNLICHKEITEN UND PARALLELEN ZWISCHEN SCHACH (SPIELER) UND QUANTEN ( PHYSIK)

"...der Geist und seine Kraft bezaubert - und läßt uns im Schach die Welt erkennen" (Schubirz, G. & Brinckmann, A. 1968, S. 101)

[Vorbemerkung: Auch wenn es ungewöhnlich ist, werden in diesem Kapitel Aussagen und Zitate wiederholt, die schon in früheren Kapiteln gebracht wurden. Dieses Kapitel dient als erste Zusammenfassung sowie als Schnelleinstieg für Leser, die sich schon ausführlich mit Schach und Quantenphysik befasst haben (in meinen früheren Texten). Ähnlich wie in verschränkten Quantensystemen Informationen miteinander verbunden sind und geteilt werden, werden hier Erkenntnisse und Hypothesen aus verschiedenen Kapiteln verknüpft.]

Das Mögliche und das Faktische - Dimension Zukunft
Heisenberg (1988, S. 82) erinnert sich an eine Aussage Einsteins, die auch ein zentrales Prinzip der Quantentheorie darstellt: "Das Mögliche, das zu Erwartende, ist ein wichtiger Bestandteil unserer Wirklichkeit, der nicht neben dem Faktischen einfach vergessen werden darf." Hier gibt es Parallelen zum Schach. So versuchen Schachspieler immer wieder aus einem Meer an Möglichkeiten, die Beste oder wenigstens eine erfolgversprechende bzw. wirkungsvolle zu realisieren. Wahrscheinlichkeiten statt Sicherheiten sind die Basis des Handelns und Hoffens. Silbermann & Unzicker (1979, S. 351): "Die eigentliche Dimension des Schachs ist die Zukunft. Nicht die Stellung der Figuren auf dem Brett, sondern jene Position, zu der die Spieler nach Durchrechnung oft sehr komplizierter Zugreihen in Gedanken gelangen, bestimmt die Wahl des Zuges. ... die gegebene Stellung - die Gegenwart - (dient) der Erkenntnis kommender Dinge."
Für beide, Quantenphysik und Schach, kann man kurz festhalten: Nicht nur was ist, ist real, auch was möglich ist, ist realistisch.

DER MENSCHLICHE FAKTOR: SCHACHSPIELER UND QUANTENBEOBACHTER
Was im Schach der Spieler, ist in der Quantenphysik der Beobachter. Beginnen wir mit dem menschlichen Faktor im Schach.

Der mentale Hauch der Spieler
Der entscheidende Faktor beim Schachspielen sind natürlich die Spieler bzw. der "vorausdenkende, gestaltende Menschengeist, der erst den toten Steinen Leben einhaucht", wie Großmeister Réti (1922 ,1978, S. 17) so schön formulierte. Es ist klar, dass Schach ohne Spieler nur eine hölzerne Theorie wäre, also denkende und handelnde Akteure benötigt, die die Figuren mental und konkret bewegen.

Schachspielen als Handeln
Schachzüge werden in der Schachliteratur oft als Handlungen oder englisch "actions" bezeichnet. "Jeder Zug ist ein bewusstes Handeln" (Silbermann & Unzicker 1979, S. 331). Großmeister Fine (1989, S. 1) betrachtet Schach als "combination of theory and action" und spricht von "action or moves in chess". Auch der erste Schachweltmeister Steinitz beschreibt die Schachzüge als "movements or actions" (1889, S. XXVII) ".

Das Umsetzen von Gedanken in Handlungen
Linder erklärt zutreffend: "...erfolgt in der ganzen Schachpartie ein fortwährendes Umsetzen von Gedanken in Handlungen" (1986, S. 72).
Wobei wir wieder bei Einstein sind: "Schach ist das schnellste Spiel der Welt, weil man in jeder Sekunde Tausende von Gedanken ordnen muss." [www.lichtentanne-schach.de] . Einmal wird Einstein in diesem Kontext auch so interpretiert: "Ein Zug auf dem Brett sind hundert Züge im Kopf." [www.zeit.de] , dies ist aber wohl kein original Einstein, - trotzdem gut!

Der Beobachter in der Quantenphysik
Einstein fragte eimmal: "Gibt es den Mond nur, wenn wir ihn ansehen?" (zit. nach Kumar 2009, S. 422). Damit brachte er ein starkes Argument in die Debatte um das Wesen der Wirklichkeit ein, mit dem er ausdrücken wollte, dass er eine Grundannahme der Quantenphysik weiterhin nicht zu akzeptieren vermochte: Dass erst durch Beobachtung / Messung die Möglichkeit zur Realität wird, z.B. bei Elektronen, Photonen oder dem ganzen Kosmos. "Gemäss Kopenhagener Deutung besitzen Teilchen keine unabhängige Wirklichkeit, keine Eigenschaften, solange sie nicht beobachtet werden" (Kumar 2009, S. 376). Manche Quantenforscher stellen auch Fragen an die Natur bzw. direkt an die Quanten, wie wir bei der nächsten Parallele zwischen Schach und Quantenphysik erfahren werden.

Schach und das Beobachtungs-/Beobachter-Problem in der Quantenphysik
Meines Erachtens kann man dieses Problem mit Gegebenheiten beim Schachspielen analysieren und diskutieren: EXISTIEREN SCHACHZÜGE NUR DANN, WENN SIE AUSGEFÜHRT WERDEN UND DAMIT BEOBACHTBAR SIND? WAS IST MIT DEN IM KOPF DES SPIELERS DURCHGESPIELTEN ZÜGEN, DIE NICHT AUFS BRETT KOMMEN? - Hierzu könnten Sie auch ein eigenes Gedankenexperiment wagen!

QUANTEN, SCHACH UND INFORMATION

Beim Schach und in der Quantenphysik spielt Information eine zentrale Rolle. Wen würde das wundern, wo Information doch immer und überall essentiell ist. Doch eine genaue Informationseinholung zur Bedeutung von Informationen in beiden Bereichen ist durchaus informativ!

"Information ist der Urstoff des Universums“ (S. 217) und "Wirklichkeit und Information sind dasselbe“ (S. 229) sagt Anton Zeilinger (2005). Siehe dazu auch folgenden Interview-Auszug (2003): "Für mich sind Wirklichkeit und Information untrennbar wie die zwei Seiten ein und derselben Medaille. Letztlich wird es eines Tages möglich sein, die gesamte Physik, ja sogar alle Naturwissenschaften, in der Sprache der Information auszudrücken...Der Beobachter hat in der Quantenphysik einen viel größeren Einfluss als zuvor, jedoch keinen unbegrenzten... Information ist nicht nur rein subjektiv. Sie ist zwar die Information, die jemand besitzt, aber sie ist gleichzeitig auch Information über etwas – eben über die Wirklichkeit." [www.bild-der-wissenschaft.de]

Relative Information
Ich verstehe Information in manchen Kontexten als Beschreibung einer bestimmten subjektiven, relativen Wirklichkeit. Zum Beispiel sieht beim Indischen Schachproblem jemand, der die Lösungszüge kennt, etwas anderes auf dem Brett als ein Spieler, der noch nie etwas davon gehört hat.

Quantum-Information: 'the it from the bit'
Der moderne Quanteninformations-Ansatz (quantum information theory) betrachtet Quantensysteme als Träger von Informationen. Ein herausragender Pionier des Quanteninformation-Ansatzes war der Princeton Physiker John A. Wheeler, sehr kreativ und meist seiner Zeit um Jahrzehnte voraus. Der Wissenschaftsautor Horgan, der ein ausführliches Interview mit Wheeler führte, schreibt zu dessen Sichtweise: "Gemass dem Slogan 'the it from bit' ('das Es aus dem Bit') erzeugen wir mit den Fragen, die wir stellen, nicht nur die Wahrheit, sondern sogar die Wirklichkeit selbst - das 'It' " (Horgan 1997, S. 140). Ich übersetze das Motto meist mit 'die Existenz aus der Information'; in manchen Kontexten kann man es auch treffend als 'Existenz aus der Frage' oder 'Fakt durch Fragen' interpretieren. Wir werden sehen, dass beim Schachspielen die Fragen an die Position und die Antworten, die wir uns selbst bzw. der jeweilige Gegner geben, ebenfalls (zum Teil) die Wirklichkeit der Partie erzeugen.

Das BIT, Quant der Informationstheorie
Der Altmeister verband die Quantenphysik mit der damals entstehenden Informationstheorie. "Wheeler began to draw his colleagues' attention to some intriguing analogies between physics and information theory, which was first proposed by Claude E. Shannon of Bell Laboratories in 1948. Just as physics builds on an elementary, indivisible entity that depends on the act of observation—namely, the quantum—so does information theory. Its 'quantum' is the binary unit, or bit, which is a message representing one of two choices: heads or tails, yes or no, 0 or 1." [www.scientificamerican.com] . Nach Wheeler ist die binäre Einheit, das bit, also das Quant der Informationstheorie (vgl. Horgan 1997, S. 136).

Quantenphysiker, die den informationstheoretischen Ansatz bevorzugen, betonen Fragen an die Natur bzw. direkt (ganz persönlich :-) an die Quanten. Zeilinger: "Ich habe mit der Quantenphysik gelernt, wie wichtig es ist, die richtigen Fragen zu stellen! Je nach Frage steuert unsere Wirklichkeit in eine bestimmte Richtung... Ich entscheide also durch meine Frage, welche Möglichkeit Wirklichkeit wird." [http://diepresse.com] - Natürlich ist die "Befragung' von Quanten hier im übertragenen Sinne gemeint.

SCHACH UND INFORMATION

Großmeister Dr. Robert Hübner erklärte: "...das Aufnehmen der Information ist ein äusserst vielschichtiger Prozess...der auf die Spielstärke maßgeblichen Einfluss ausübt. Es ist höchst wichtig, dass die Konstellationen korrekt erfasst und strukturiert werden: es darf nichts an ihnen Wesentliches fehlen... Die mit ihnen verknüpften Bewertungen müssen richtig, die ihnen zugewiesenen Abläufe sinnvoll sein" (Hübner in Munzert 1988 bzw. 5. Aufl. 1998, S. 191).

DIE EXISTENZ AUS DER INFORMATION ("It from bit" ) AUF SCHACH ÜBERTRAGEN
Für das Schachspielen ist bewusste und unbewusste Informationsverarbeitung mittels kognitiver Prozesse und mentaler Inhalte fundamental. Hier seien genannt: Wahrnehmung, Gedächtnis, Vorstellungsvermögen, Schachkenntnisse und Konzentrationsfähigkeit sowie Schachliches Denken: Zugsuche und Zugwahl, Intuition, Kreativität, Planung, Berechnung und Stellungsbewertung (ausführlich dargestellt in meinem Buch Schachpsychologie 1988 & spätere Auflagen: Kap. 19 und 20). Zur Interaktion von Gehirnen mit Schachsteinen bzw. zu bewusster und unbewusster Informationsverarbeitung, kognitiven und emotionalen Prozessen sowie Handeln im Schach siehe im selben Buch Das SCHACH-Prozeß-Modell (1988, S. 214-215 sowie ab 3. erweiterter Aufl. 1993 zusätzlich Kapitel 29).

Zur Existenz von Schachfiguren und Schachprozessen
Wenden wir uns nochmals dem Quanten-Info-Altmeister zu: "Wheeler glaubte, dass alle materiellen Objekte sich aus Informationsbits zusammensetzten, und er drückte seine Idee durch diesen Slogan aus: 'It from bit'. - Das Seiende beruht auf Information" (Susskind 2010, S. 161). Gilt das auch für Schach? Oberflächlich betrachtet bestehen Schachfiguren, Brett und Spieler immerhin aus Materie. Vielleicht ist Wheeler mit seiner Auffassung doch ein paar bits zu weit gegangen. Information ist ja oft - immer? - an Materie gekoppelt, sei es nun Papier, Elektronen, elektromagnetische Strahlung, DNA oder Neuronen und neuronale Netze im Gehirn. Zu diesem Punkt freue ich mich schon besonders auf Diskussionen.

Fragen an die Position: Wie stehts (Konstellation)? Was droht? Was geht? usw.
Auch in Bezug auf Schachfiguren, Positionen, mögliche Strategien & Taktiken, Pläne und Züge sind Fragen nach ihrem jeweiligen Status und/oder zukünftigen Möglichkeiten grundlegend. In Hinblick auf Schachfiguren ist bekanntlich zunächst relevant: Um welche Figur handelt es sich, welche Farbe hat der Schachstein, auf welchem Feld steht er? Gibt es typischen Konstellationen (Schachmuster)? Bei Partien zur ersten Orientierung: eigene oder fremde Partie? aktuelle oder bereits beendete bzw. historische Partie?, die Stellungsbeurteilung bzw. Fragen an die Position: Was droht? Was geht? usw. Bei der "Befragung" der Partie hängen die Antworten neben der Konstellation auf dem Brett bekanntlich auch wesentlich von den Fähigkeiten des Spielers und seines Gegners ab. Besonders wenn es komplex wird, kommt es - wie bei der Beobachtung von Quantenprozessen - auf den jeweiligen Beobachter bzw. Spieler an.

GANZHEITLICHKEIT UND WECHSELWIRKUNGEN (Ganzheitliches Zusammenwirken)

Quantentheorie als Physik der Beziehungen
Prof. Görnitz (im Buch Quanten sind anders, 1999): "Im Gegensatz zur klassischen Naturwissenschaft, die ich als Physik der Objekte gekennzeichnet habe, soll die Quantentheorie als eine Physik der Beziehungen vorgestellt werden... Üblicherweise spricht man, wenn 'das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile', von einer holistischen Struktur. Dies trifft auf die Quantenphysik zu!" (S. 106-107), siehe auch die Abbildung "Charakterisierung eines Quantensystems" auf S. 108 des Buchs von Görnitz.
Ebenfalls zum "ganzheitlichen Charakter der Quantenphysik" (Davies & Brown: Der Geist im Atom 1993, S. 23): "Das Teil hat...für sich allein keine Bedeutung, sondern nur in Verbindung mit dem Ganzen."

Schachspielern muss man nicht erklären, dass dieses Spiel auf Wechselwirkungen (Beziehungen) beruht, die beim erfolgreichen Spielen ganzheitlich und harmonisch zusammenwirken (müssen). In drei Sätzen zusammengefasst: "Skillful chess processing can be compared to a living organism where several subsystems are working together to be effective. Almost every process seems to be connected with one or several others. Put together they form a complete whole" (Munzert 1993, S. 358).

Der Physiker Prof. Davies bemerkt (1992, S. 78) allgemein: "In recent years scientists have come to recognize more and more systems that must be understood holistically or not at all." Dies gilt wohl auch für Quanten und Schach!

QUANTENPHYSIK BEI GRÖSSEREN OBJEKTEN UND LEBEWESEN: "quantum at all scales"
"Quantum mechanics is not just about tiny particles. It applies to things of all sizes: birds, plants, maybe even people... Over the past several years experimentalists have seen quantum effects in a growing number of macroscopic systems. The quintessential quantum effect, entanglement, can occur in large systems..." (Vidral 2011, S. 20: Living in a Quantum World. Scientific American, June 2011). Und: "Small-scale physics has a 'spooky' power over the world at large" (Scientific American, cover, June 2011).

Schach: Ganzheitliches Zusammenwirken im Mikro- und Makrobereich!? Zusammenspiel verschiedener Ebenen & Mensch-Materie-Interaktion
Dass Schachfiguren und Brett aus Materie, also aus Quanten, bestehen dürfte Zustimmung finden. Spannend ist die Frage, ob im bzw. beim Schach auch Quantenmechanik im Spiel ist! Quanteneffekte im Schach, eines der Haupthemen des Artikels. wurden bereits in Angriff genommen, mehr im Endspiel.

Insgesamt konnten wir zahlreiche Parallelen und Ähnlichkeiten zwischen Schach und Quanten(physik) ausführlich aufzeigen.
Die Ansätze zur Quanteninformation, zum ganzheitlichen Quantengeschehen, den Beziehungsaspekten der Quantentheorie sowie "quantum at all scales" sind für jemanden, der sich mit Schach und Quantenphysik beschäftigt natürlich besonders relevant und willkommen. Wir werden weiterhin darauf aufbauen.

15. Kap. LEGENDÄRE KONFERENZ und Das Jahrhundert-Match zur (Be)Deutung der Quantenphysik

"Herrlich war es für mich den Zwiegesprächen zwischen Einstein und Bohr beizuwohnen. Schachspielartig." Physiker Prof. Paul Ehrenfest (nach Kumar 2009, S. 334) .

Nun zu einer besonderen intellektuellen Partie, dem "schachspielartigen" Jahrhundertmatch zwischen Einstein und Bohr um Bedeutung und Interpretation der Quantenmechanik. Zum grossen Duell auf dem quantenphysikalischen Schachbrett kam es bei der legendären Konferenz über Elektronen und Photonen in Brüssel 1927. Diese Tagung war der Höhepunkt des "aufregendsten Abschnitt(s) in der Geschichte der Physik"
wie Kumar (2009 S. 9) festhält. Die Konferenz war der Quantenmechanik und den damit verbundenen Fragen gewidmet. Es
"...standen das Wesen der Wirklichkeit und die Seele der Physik auf dem Spiel" (Kumar 2009, S. 9).

Besonders geistreich und konträr war die "Partie Quantenschach" - hier natürlich als Analogie bzw. Metapher gebraucht - zwischen Einstein und Bohr, wie Kumar (2009, S. 324) die fortgesetzte intellektuelle Auseinandersetzung der meisterlichen Physiker bezeichnete. Diese Debatte ging noch jahrzehntelang weiter: eine besondere Jahrhundertpartie. "Bohr und Einstein trugen die Hauptlast dieses Kampfes um die neue Deutung der Quantentheorie" (Heisenberg 1988, S. 99).

Einstein tauschte mit Bohr und anderen Physikern eine Folge von Argumenten und Erwiderungen aus. "Dabei griff er zu seiner Lieblingstaktik - dem hypothetischen Gedankenexperiment im Labor des Geistes" (Kumar 2009, S. 321). Einstein "ersann immer neue Gedankenexperimente, die die Kopenhagener Deutung aushebeln sollten. Auf der Solvay-Konferenz in Brüssel 1927 lieferte er sich erbitterte Rededuelle mit Bohr" (Lublinski 1996, S. 43). Prof. Paul Ehrenfest erlebte die Debatte der Gegenspieler (nach Kumar 2009, S. 334) so: "Herrlich war es für mich den Zwiegesprächen zwischen Einstein und Bohr beizuwohnen. Schachspielartig. Einstein immer neue Beispiele... Bohr stets...die Werkzeuge heraussuchend, um Beispiel nach Beispiel zu zerbrechen".

Einstein erweiterte unter anderem einen klassischen Versuch über die Wellennatur des Lichts (Young 1803), bei dem Licht durch zwei Spalte gestrahlt wird, zum gedanklichen Doppelspalt-Experiment. Dieses Experiment, inzwischen vielfach in Forschungslabors tatsächlich ausgeführt, demonstriert zentrale Phänomene/ Prozesse/ Merkmale der Quantenmechanik (siehe Kapitel 7).

Wie im wirklichen Schach gab es dabei manchmal falsche Züge bzw. Argumente: "...Bohr (machte) einen fragwürdigen Zug in seiner Partie Quantenschach mit Einstein. Die Siegprämie war einfach zu hoch" (Kumar 2009, S. 332).
Ergänzt sei hier die allgemeine Charakterisierung der beiden durch den Physiker Pais, der Einstein und Bohr persönlich gut kannte: "Each had...pleasure in play. They took science very seriously, but to them it was ultimately a game" (zit. nach Morrison 1992, S. 128).
Heisenberg (1988, S. 99) gebrauchte in Hinblick auf die Einsteinschen Gedankenexperimente und deren Abwehr die Redewendung von einem "Spiel", das einige Tage fortgesetzt wurde. Er konnte nicht ahnen, dass jenes Match noch Jahrzehnte andauern sollte und - genau betrachtet - mit anderen Akteuren gespielt, noch heute nicht entschieden ist. Debatten, Gedankenspiele, subtile und gigantische Experimente um die Quantenphysik dauern immer noch an und niemand hat bis heute die entscheidende Kombination, den Gewinnweg zur Wahrheit gefunden! Wie schon damals stehen im Zentrum das Doppelspalt-Experiment, Quantenverschränkung und "spukhafte Fernwirkungen".

Copyright Dr. Reinhard Munzert 2015 / 2016
Hier geht es im Text weiter: [www.mikrowellenterror.de]


Literatur und Quellen für Kapitel 11:
Brooks, M.: Where the weird things are. NewScientist, No.2796, S. 30-33 (2011).
Davies, P.C.W & Brown, J.R.: Der Geist im Atom (1993).
Einstein, A. & Born, M.: Briefwechsel 1916 - 1955.
Feynman, R. P.: Vom Wesen physikalischer Gesetze (1993).
Görnitz, Th.: Quanten sind anders (1999).
Heisenberg, W.: Der Teil und das Ganze (1988).
Heisenberg, W.: Quantentheorie und Philosophie (Neuauflage Reclam, 2014).
Hey, T. & Walters, P.: Quantenuniversum (1990).
Kasparow, G.: Strategie und die Kunst zu leben (2007).
Kleines Lexikon Schach / Bönsch, E., (2. Aufl. 1989).
Klinke, A.: Das schwarze Schnittpunktgefüge.(1924).
Kohtz, J. &. Kockelkorn, C.: Das Indische Problem (1903, Nachdruck Edition Olms 1982).
Kumar, M.: Quanten (2009).
Lasker, E. / Munzert, R.: Gesunder Menschenverstand im Schach & Relativität im Schach (1999, 2. Aufl. 2004).
Munzert, R.: Schachpsychologie (1988, 5. Aufl. 1998).
Munzert, R.: Neuro-Schachcomputer. Computerschach & Spiele, Nr. 5., S. 33-35 (1988).
Munzert, R.: Schach und Quantenphysik (2014/2015) [www.mikrowellenterror.de] ,
Munzert, R.: Schrödingers Schachzug - Die Wellenmechanik eines Schachgedankens (Manuskript 2015).
Munzert, R.: Schach und Quantenphysik (Eine kleine Kombination; 2016 (Work in Progress).
Neuser, W. (Hrsg): Quantenphilosophie. Zahlreiche relevante Artikel aus Spektrum der Wissenschaft (1996).
Schrödinger, E.: Die gegenwärtige Situation in der Quantenmechanik. In: Die Naturwissenschaften, 23. Jahrgang, 1935. Wieder veröffentlicht in Neuser, W. (Hrsg): Quantenphilosophie, S. 21-33 (1996).
Schubirz, G. & Brinckmann, A.: Schachgeschichte(n) (1968).
Stampf, O.: Der Hexenmeister von Wien. Der Spiegel, Nr. 11, S. 180-181, 14.3.2005.
Zeilinger, A.: Einsteins Schleier (2005).
Wird fortgesetzt...



18 mal bearbeitet. Zuletzt am 22.07.2016 21:28 von Dr. Munzert.
Betreff Autor Angeklickt Datum/Zeit

Wichtig Schach und Quantenphysik (Update 2016)

Dr. Munzert 7145 03.03.2016 10:45:13

Re: Schach und Quantenphysik (Update 2016, 2. Teil)

Dr. Munzert 3009 14.03.2016 10:32:48

Re: Schach und Quantenphysik (Update 2016, 3. Teil)

Dr. Munzert 3256 31.03.2016 13:05:44

Re: Schach und Quantenphysik (Update 2016, 4. Teil)

Dr. Munzert 3221 10.05.2016 21:06:18

Re: Schach und Quantenphysik (Update 2016, 5. Teil)

Dr. Munzert 3047 18.07.2016 15:28:29

Re: Schach und Quantenphysik (Update 2016, 6. Teil)

Dr. Munzert 2978 07.08.2016 22:00:34



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