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06.10.2014 12:01:48
SCHACH UND QUANTENPHYSIK (2014/2015, 1. - 6. Teil)
Dr. Reinhard Munzert

"I often use the analogy of a chess game..." Prof. Richard Feynman (1989, S. 204), Physik-Nobelpreisträger.

"Das Schöne am Schach ist die Betrachtung des Spiels als kognitives Labor" Garry Kasparow (2007, S. 338), Schachweltmeister.

Der Reichtum des Schachs ermöglicht uns, das Spiel auch als Metapher oder Paradigma für wissenschaftliche Herausforderungen heran zu ziehen. Unsichtbare Züge, vibrierende Felder, verborgene Wellen: Das hier entstehende Projekt versucht die Quantenphysik schachspielartig zu betrachten sowie Schach quantenartig zu durchdringen. Ich möchte mit Schach, Schachfiguren, Schachzügen sowie mentalen Prozessen in Gehirnen von Schachspielern Quanten und quantenmechanische Vorgänge veranschaulichen und verstehbar machen. Insgesamt gilt es, erhellende Gemeinsamkeiten, Parallelen, Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen Schach und Quantenmechanik herauszuarbeiten. Ich habe auf dem (quantenmechanischen) Schachbrett schon ein bisschen herumgespielt und drauflos kombiniert. > Eröffnung:

1. Teil MÖGLICHKEITEN, UNENTDECKTE SEHENSWÜRDIGKEITEN UND ERSTE ERKENNTNISSE

Bei Schach und Quanten ist vieles Ansichtssache. Oft werde ich die Einsichten der grossen Meister und Forscher mit deren verständlichsten eigenen Worten präsentieren. Die Physiknobelpreisträger Bohr, Born, Einstein, Feynman, Heisenberg und Schrödinger, die Professoren Hawking, Susskind, Wheeler und Zeilinger, die Schachweltmeister Lasker und Kasparow, die Schachgrossmeister Dr. Tarrasch und Dr. Hübner sowie zahlreiche weitere Freunde geistiger Abenteuer steuern wertvolle Züge zum Erkenntnisgewinn bei. Alle SchachspielerInnen, Physiker, Gedankenspieler, (Quer-)Denker und Kritiker sind selbstverständlich eingeladen, mitzumachen!

Vielleicht sehen und entdecken wir Möglichkeiten und erste Erkenntnisse zu:
# Quantenverschränkung auf 64 Feldern: Schach und Matt mit "spukhafter Fernwirkung" (Einstein).
# Die Schachpartie als verschränktes System / Geschehen.
# Zugwahl und Wellenfunktion.
# Quantensprünge in neuronalen Netzen.
# Das Beobachtungs- und Messproblem der Quantenphysik mittels Schachprozessen betrachtet.
# Der Übergang von quantenmechanischen mentalen Prozessen zu handfesten Schachzügen.
# Ein Schachparadigma zur Quantenphysik: Veranschaulichung, Beschreibung oder Erklärung von Quantenphänomenen mittels Schach.

SCHACH UND PHYSIK (Kraft, Raum, Zeit, Relativität und "Quanten" im Schach)

Fangen wir mit der klassischen Physik an - also noch ohne Quantenbetrachtung.
Kraft, Raum, Zeit
Schachmeister Tarrasch erklärt in seinem Standardwerk "Das Schachspiel" (1931): "Drei Faktoren sind es, aus denen das Schachspiel besteht, Kraft, Raum und Zeit. Die Kraft, das sind die Streitkräfte, über die jeder Spieler verfügt, die Schachsteine, die ja Symbole für Kräfte sind. Der Raum, das ist das Brett, auf dem die Steine zweckmäßig zu gruppieren sind. Und die Zeit ist, da immer abwechselnd gezogen wird, die Ausnützung des Rechtes bzw. die Erfüllung der Pflicht zu ziehen... Die Kräfte bestehen aus Figuren oder Offizieren und Bauern" (S. 311). Und (S. 327): "Diese drei Faktoren, Kraft, Raum und Zeit, wirken also bei jedem Zuge zusammen". - Das klingt doch nach Physik!

Grundlegend sind auch ähnliche Ausführungen des russischen Schachmeisters Snosko-Borowski (1884-1954) in seinem Klassiker Das Mittelspiel im Schach (1926 bzw. 1995). Über "die Elemente des Schachs" schreibt er u.a.: "Das Schach, das tiefste aller bestehenden Spiele, verläuft in strengen Gesetzen,...ähnlich denen der Mathematik oder Mechanik... Das Schach leitet seine Gesetze und Eigenschaften von seinen eigenen Bestandteilen ab, die sein Gepräge offenbar machen und seine Gesetze diktieren. Die Elemente des Schachs sind:
1. Kraft, die den Schachfiguren beigelegt ist und sich auswirkt in
2. Raum, dargestellt durch das Schachbrett, und
3. Zeit, sich zusammensetzend aus den Zügen.
Das ganze Spiel ist eine Verbindung dieser drei Elemente..." (S. 1).
Und: "Zeit und Raum sind die Bedingungen des Schachspiels. Das aktive Element ist die Kraft, die Zeit und Raum verbindet; diese beiden [Zeit und Raum] wirken durch sie [Kraft] aufeinander und zeigen sich in ihr in ihrer klarsten Form" (Snosko-Borowski 1926/1995, S. 10-11).

Relativität im Schach
Bei dieser klassischen "Schach-Physik" könnte man übersehen, dass es im Schachgeschehen auch den menschlichen Fakor gibt. Das Relativitätsprinzip im Schach betont nun besonders die psychologische Seite des Wettkampfs und einen gegnerorientierten Ansatz. Der deutsche Schachweltmeister Emanuel Lasker verstand dieses Spiel als geistigen Kampf und berücksichtigte die Mentalität der jeweiligen Gegner. Er brachte mit seiner Einstellung zum Schach, seiner Betrachtung des wirksamen Zuges und einer pragmatischen Spielauffassung, die Schachrelativität sehr erfolgreich aufs Brett.

Einstein war mit dem Schachweltmeister Lasker gut bekannt (siehe Einstein 1952). Lasker hat in gewissem Sinne auch ein Relativitätsprinzip bzw. eine Relativitätstheorie entwickelt, nämlich die des Schachzuges. Der Wegbereiter des psychologischen Schachs wählte mitunter bewußt nicht den theoretisch "absolut" richtigen, sondern den relativ zum Gegner erfolgversprechendsten und somit stärksten Zug! Im Buch "Das Schachspiel" (1931) führt Lasker bei der Beschreibung der Wirkungsweise der Schachfiguren aus (S. 39): "Wirkung, die auf einen Feind stößt, der für sie empfänglich oder empfindlich ist, ist das, was ich unter Kraft verstehe. Kraft ist gleichsam das Produkt von Wirkung und Empfindlichkeit. So äußert sich die Kraft im Kampfe: sie wächst sowohl mit dem Grade der Wirkung als auch mit dem Maß der Empfindlichkeit. Also etwa: eine gegen Siegfried gezückte Waffe war kraftlos, sofern sie nicht, wie in der Hand Hagens, gegen seine verwundbare Stelle eingesetzt ward."

Wie man sieht, geht es hierbei nicht um Gravitation oder Lichtgeschwindigkeit, und auch nicht um Quanten; eher um ein mentales Bezugssystem in Hinblick auf relative Wirkungen im Schach. Als ich vor Jahren die Schachliteratur nach Hinweisen auf Einstein durchforschte, fand ich eine Stelle, bei der eine "Relativitätstheorie des Schachs" schon fast zwischen den Zeilen stand (Petzold 1987, S. 227): "Einsteins Relativitätstheorie wurde zur gleichen Zeit formuliert, da Lasker am Schachbrett nach dem relativ besten Zug trachtete. Beide sahen auf ihre Weise, daß sowohl im großen Universum als auch auf dem kleinen Schachbrett alle Wertmaßstäbe vom Bezugssystem abhingen." Dies hat mich ermutigt, die Idee einer Relativitätstheorie für das Schach weiter zu verfolgen; erste Veröffentlichungen dazu Munzert (1995) sowie ausführlich dargestellt in Lasker/Munzert (1999 oder 2. Aufl. 2004). Daraus einige Auszüge:
"Der Schachweltmeister selbst stellte so etwas wie die Relativitätstheorie des Schachzuges auf, in einem Bereich, der jetzt als Schachpsychologie bezeichnet wird. Aufgrund seiner Berücksichtigung der Persönlichkeit, der Vorzüge und Schwächen seiner Kontrahenten entstand etwas, das man als 'Relativitätstheorie des Schachzuges und -planes' bezeichnen kann. Diese besagt: Viele Züge sind nicht an sich gut oder schlecht, sondern erweisen sich erst in Hinblick auf den Gegner als ausgezeichnet, gut oder ungünstig! In den meisten Positionen gibt es mehrere akzeptable Zugmöglichkeiten. Man sollte unter diesen die - relativ zum Kontrahenten - erfolgversprechendste auswählen. Nicht der - objektiv betrachtet - richtig(st)e Zug ist stets der vorteilhafteste, sondern der für den konkreten Gegner unangenehmste (welcher diesen langfristig vor die größten Probleme stellt). Auch umfassende Pläne und Zugfolgen können erfolgbringend - je nach der psychologischen Einschätzung des Opponenten - vom theoretisch richtig(er)en Weg abweichen. - Es versteht sich, dass Lasker, wenn er ein Matt sah, dieses mit den objektiv richtigen Zügen, die in diesem Fall auch für den Gegner die unangenehmsten waren, herbeiführte. Oft ist der theoretisch beste Zug auch der stärkste, aber nicht immer!
Spielmann (1936/1989, S. 3) nannte Steinitz den Newton des Schachspiels (weil jener allgemeine Schachprinzipien aufstellte). Wenn ich diesen Vergleich aufgreifen darf, könnte man Lasker als den Einstein des Schachs bezeichnen. Er erkannte, dass im Schach vieles relativ ist - vor allem zum Gegner. Die Relativitätstheorie Einsteins ersetzte die (absolute) Theorie Newtons nicht, sondern ergänzte sie. Einstein erkannte, daß Raum, Zeit und Bewegung keine absoluten, sondern relative Größen sind (abhängig vom Beobachter und Zeitpunkt der Beobachtung). Viele Phänomene des Kosmos lassen sich aufgrund der Newtonschen Gravitationsgesetze dennoch gut beschreiben, erklären und voraussagen, wie die Umlaufbahnen der Planeten und Sonnenfinsternisse. Andere Vorgänge können wiederum mit der Relativitätstheorie am besten verstanden werden (z.B. die Ablenkung des Lichts durch Materie). Beide Denkansätze (der absolute und der relativistische) haben ihre Gültigkeit und schließen sich gegenseitig nicht aus.
Wie in der Physik können auch im Schach allgemeine Prinzipien (z.B. über die Beherrschung des Zentrums, die Bedeutung des Läuferpaares) und relativistische Denkweisen nebeneinander bestehen und sich ergänzen. Sie sind kompatibel und komplementär. Üblicherweise sind während einer Partie sowohl die annähernd objektive als auch die relativistische Betrachtung und Beurteilung relevant; hier herrscht kein Entweder-Oder, sondern ein Sowohl-Als-auch! Im Kopf des Schachspielers wirkt alles ganzheitlich zusammen." Soweit die Auszüge aus Relativität im Schach (Munzert 1999 in Lasker / Munzert 1999 bzw. 2004). Wir werden noch auf das SCHACH-Prozeß-Modell eingehen (Munzert 1988 bzw. 1998 Kap. 20 & 29), bei dem psychische und/oder psychologische Aspekte und Faktoren sowie die psychologische Zugwahl berücksichtigt sind.

Und jetzt endlich, das Wenige aber sehr anregende, was ich bisher bei einem anderen Autor zu Schach UND Quanten fand - selbstverständlich sind Hinweise auf weitere Fundstellen willkommen!

Schach und Quanten
Der jugoslawische Grossmeister und Elektro-Ingenieur Dr. Milan Vidmar (1885-1962) befasste sich in seinem Erinnerungsbuch Goldene Schachzeiten auf einigen Seiten, ähnlich wie Tarrasch und Snosko-Borowski, mit Raum, Zeit und Kraft im Schach. Er bezeichnet das Schachbrett, als "Lebensraum der Schachpartie" (1981, S. 22); das Leben der Partie setzt sich aus Figuren bzw. deren Kraft sowie der Zeit zusammen: "...Figuren, die in Wirklichkeit nur Träger verschiedenartiger Kräfte sind, und aus der ablaufenden Zeit, in der sich das Partieleben abwickelt, und die deutlich wahrnehmbar aus Teilchen - der Physiker würde sagen aus Quanten -, die wir Schachspieler Züge...nennen, zerfällt" (Vidmar 1981, S. 20).
Vidmar führt höchst interessant in Hinblick auf Schach und Quantenphysik aus: "Die Schachpartie ist nach all dem eine unheimliche Miniatur des Weltalllebens, sie ist allerdings auch eine wertvolle Miniatur des menschlichen Lebens. Im winzigen Schachweltall ist alles gequantelt, d.h. aus diskreten Teilen zusammengesetzt, sogar die Zeit, aber auch der Raum. Die neuzeitige Physik steuert tiefer und tiefer in das Quanteln, in das Auflösen in diskrete Teilchen hinein...und längst ist es nicht mehr wahr, was noch vor einem Jahrhundert unantastbar erschien, nämlich die Behauptung 'natura non facit saltus' [Die Natur macht keine Sprünge]. Die Schachwelt verwirklicht ihre 'saltus' in den Zügen" (1981, S. 23).

2. Teil DAS SPIELMATERIAL: QUANTEN, GRUNDPRINZIP, REGELN UND SPIELLEITUNG

Bevors richtig losgeht, erst noch das Spielmaterial beschreiben, was sind eigentlich Quanten? "Quant (Quantum): Ein von Max Planck 1900 eingeführter Begriff zur Beschreibung unsichtbarer Energiepakete..." (Kumar 2009, S. 463). "Beispielsweise sind Photonen die Quanten des elektromagnetischen Felds" (Greene 2000, S. 488). "Quantum: Die unteilbare Einheit, in der Wellen ausgesandt oder absorbiert werden können" (Hawking 1988, S. 227).
Quanten spielen mit ihrer Identität, besonders gern spielen sie Wellen. Je nach den Umständen, unter denen sie untersucht werden, imponieren sie auf andere Weise. "Die Tatsache, daß Elektronen, Photonen und andere Quantenteilchen sich manchmal wie Wellen und manchmal wie Teilchen verhalten, ruft oft die Frage hervor, was sie denn nun 'wirklich' seien" (Davies und Brown 1993, S. 22). Eines steht fest: Quanten nehmen es mit ihrem Aufenthaltsort, der Zeit, Logik (gesunder Menschenverstand) und ihrer eigenen Existenz nicht so genau.

Grundprinzip des Quantenverhaltens: "Ist es auch Wahnsinn, hat es doch Methode" (vgl. Shakespeares Hamlet). Die Quantenmechanik setzt den gesunden Menschenverstand matt. "Obwohl die Gesetze der Quantemmechanik in den Forschungslaboratorien bis heute noch niemals widerlegt (dagegen häufig bestätigt) werden konnten, verstösst diese Theorie fortwährend gegen den 'gesunden Menschenverstand'" (Kaku & Trainer 1993, S. 67).

Spielregeln: Sind weitgehend bekannt, aber ihren Sinn versteht bislang kein Mensch.
Neuestes Motto der Quantenfans: Small is beautiful and strange - but quantum at all scales! Quantenphysik herrscht nicht nur im Bereich der Elementarteilchen, sondern auch bei grösseren Objekten und Lebewesen (siehe z.B. Vedral 2011, später dazu mehr).
Oberste Spielleitung: Gott und/oder "König Zufall" (Camus 1986, S. 47), teleologisches Prinzip & determinierende Tendenzen?

AUF DEN SCHULTERN VON GEISTES-RIESEN: EIN QUANTUM NEULAND

Als Heisenberg mit seiner Erforschung der Quantenmechanik begann, sah er sich 1926 vor einem "Aufbruch" in ein "neues Land". Er schreibt: "...kann wirkliches Neuland in einer Wissenschaft wohl nur gewonnen werden, wenn man an einer entscheidenden Stelle bereit ist, den Grund zu verlassen, auf dem die bisherige Wissenschaft ruht, und gewissermaßen ins Leere zu springen" (1988, S. 88). Wer sich für die Verbindung von Schach und Quantenphysik engagiert, braucht solchen Wagemut nicht. Sowohl zum Schach als auch zur Quantenphysik bestehen bekanntlich umfangreiches Wissen sowie vielfältige Literatur und Quellen. Die Schnittmenge von beiden Bereichen ist bislang jedoch gering. Dennoch müssen wir nicht ins Leere springen, sondern können nach oben schauen und uns an Giganten aus beiden Gebieten orientieren.

Zunächst wird deshalb viel zitiert; damit befolgen wir auch einen Rat, den Aristoteles schon vor ca. 2300 Jahren gegeben hat: "Zuerst wollen wir prüfen, was etwa frühere Forscher an richtigen Einzelheiten ausgesprochen haben" (zit. Ausgabe 1990, S. 302). Leser und Autor stehen also "Auf den Schultern von Riesen" (Merton 1983), das lässt uns hoffen, etwas über das Schachbrett und den Quantenschaum hinausblicken zu können. Genauer gesagt, wenn wir uns emporarbeiten (mit höchstens 64 Zitaten), gilt vielleicht, was Newton zugeschrieben wird: "Wenn ich weiter gesehen habe als andere, so deshalb, weil ich auf den Schultern von Riesen stehe." Oder noch bescheidener ausgedrückt: "Ein Zwerg, der auf den Schultern eines Riesen steht, kann weiter sehen als der Riese selbst" (nach Merton 1983, S. 15).

QUANTENVERSTEHER DRINGEND GESUCHT! ALSO, SPIELEN WIR MIT!

Legendär sind Ausführungen berühmter Quantenmechaniker über ihre Theorie. So Nobelpreisträger Gell-Mann: "Die Entdeckung der Quantenmechanik ist eine der grössten Errungenschaften der Menschheit, aber auch eine der am schwersten zu begreifenden - selbst für jene Wissenschaftler, die über Jahrzehnte hinweg tagtäglich mit ihr gearbeitet haben" (1994 , S. 189). Bereits Bohr bemerkte treffend: "...wenn man nicht zunächst über die Quantentheorie entsetzt ist, kann man sie doch unmöglich verstanden haben" (zit. nach Heisenberg 1988, S. 241). Und Quantengigant Feynman: "...kann ich mit Sicherheit behaupten, dass niemand die Quantenmechanik versteht“ (1993, S.160). Siehe auch: 100 Years of Quantum Mysteries (Tegmark & Wheeler 2001).

Manche Physiker hoffen, dass die Lösung der Deutungsprobleme von aussen kommt. So der herausragende theoretische Physiker John Bell: "...sehr gut möglich, dass diejenigen, die sich auf diese Fragen so fixiert haben, den Lösungsweg gar nicht finden." Und: "Die Lösung unserer Probleme kommt sehr wahrscheinlich durch die Hintertür; vermutlich wird gerade jemand, der sich gar nicht mit den Schwierigkeiten beschäftigt, über die ich mir den Kopf zerbreche, plötzlich Licht sehen" (Bell in Davies & Brown 1993, S. 70).

Thomas Kuhn, der mit seinem Buch Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen, Wissenschaftsgeschichte schrieb und den Begriff Paradigmenwechsel prägte, betont: "Jede neue Auslegung der Natur, sei es eine Entdeckung oder eine Theorie, taucht zuerst im Geiste eines oder einiger weniger Individuen auf. Sie sind die ersten, die die Wissenschaft oder die Welt anders sehen lernen..." (1988, S. 155). Auf der selben Buchseite betrachtet Kuhn übrigens einen Wissenschaftler als Rätsellöser und vergleicht diesen mit einem Schachspieler, der "bei der Suche nach einer Lösung verschiedene mögliche Züge ausprobiert".

Vielleicht schaffen es ja Schachspieler, die verborgenen Kombinationen der Quantenwelt zu durchschauen!? Einen Vorteil haben wir: Schachfiguren sind etwas handfester als Quanten und manche springen auch munter herum :-).

3. Teil SCHACH UND QUANTENVERSCHRÄNKUNG

Oft werden die Grundlagen der Quantenmechanik, z.B. die Frage: Welle oder Teilchen, beides oder keines sowie die schwierige Deutung der Quantenphysik am Doppelspaltexperiment aufgezeigt, siehe meinen früheren Entwurf "Gott würfelt nicht" - Spielt er Schach?![www.mikrowellenterror.de] . Hier, in der neuesten Fassung, gehen wir statt dessen das grösste Rätsel der Quantenphysik sofort und direkt an: die Quantenverschränkung und besonders die unverstandenen "spukhaften Fernwirkungen".

Der Philosoph und Physiker C.F. von Weizsäcker hält fest, "dass die Quantentheorie einen Deutungs-Schock erzeugt hat" (1996, S. 202). Der grösste Quanten-Schocker ist die "Fernwirkung" aufgrund von Quantenverschränkung. "Verschränkung: Quantenphänomen, bei dem zwei oder mehr Teilchen unauflöslich verbunden bleiben, so weit sie auch voneinander entfernt sein mögen" (Kumar 2009, S. 468). Und aus dem Quanten-ABC [www.wissenschaft.de] : "Verschränkung auch 'Entanglement' genannt. Eine 'spukhafte' Kopplung von Quantenzuständen, mitunter über weite Entfernungen (Nichtlokalität)... Verschränkung ist ein zentrales Merkmal der Quantenphänomene und die Voraussetzung für Computer...auf Quantenbasis" (Vaas 2003, S. 65). In Physikerkreisen besteht weitgehend Übereinstimmung, dass die (jeweils augenblickliche) Fernwirkung auf weite Distanzen OHNE Informationsübermittlung bzw. Signal- oder sonstige bekannte Wirkung stattfindet!

Einstein bezeichnete dieses real-existierende, äusserst wichtige Quantenphänomen nachdenklich-spöttisch als "spukhafte Fernwirkungen" (in Einstein & Born Briefwechsel 1916-1955) und genial formuliert als "spooky action at a distance". NewScientist definiert: "It is entanglement: the idea that particles can be linked in such a way that changing the quantum state of one instantaneously affects the other, even if they are light years apart" [www.newscientist.com] . .

"Der österreichische Physiker Erwin Schrödinger hat den Begriff 1935 eingeführt, und er hat auch gleich gesagt, dass die Verschränkung jenes Phänomen der Quantenphysik ist, das uns zwingt, von all unseren liebgewordenen Vorstellungen über die Welt Abschied zu nehmen" (Zeilinger 2005). Selbst hartnäckige Quantenversteher können bislang die Quantenverschränkung nicht wirklich erklären.

Einer der herausragenden lebenden Quantenphysiker Prof. Zeilinger bemerkt (2005, in Spiegel-Bericht): "Richtig vorstellen kann auch ich mir nicht, was bei diesem Vorgang jenseits von Zeit und Raum vor sich geht." Und: "In einem gewissen Sinn sind Quantenereignisse unabhängig von Raum und Zeit“ (2013) [diepresse.com] - Zeilinger ist also sogar bereit, Fundamente der klassischen Physik und Relativitätstheorie (Raum, Zeit und Kausalität) für ein besseres Quantenverständnis zu opfern. (Mir erscheint das unnötig.) Aber selbst dafür handelte er bislang leider keine zufriedenstellende Interpretation der "spukhaften Fernwirkung" ein. Niemand kann bisher konkret beschreiben oder gar erklären, wie die spukhafte Fernwirkung funktioniert. Also hab ich mir eine Analogie mit Hilfe des Schachs ausgedacht. Wir werden uns jetzt der Quantenverschränkung erstmals mit schachspielerischen Mittel nähern:

GEDANKENEXPERIMENT UND REALITÄT: SCHACH UND QUANTENVERSCHRÄNKUNG

Schachgebot mit Fernwirkung
Betrachten wir das Schach bieten als Wirkung einer Schachfigur. Einfachst dargestellt mit zwei Figuren: Weisser Turm steht auf Feld d1, schwarzer König steht auf e8. Turm zieht auf e1 und bietet auf der offenen e-Linie, auf der keine weiteren Steine stehen, dem gegnerischen König Schach: Turm d1-e1 Schach! Durch den Zug entseht die Wirkung sofort!

Die Dehnung der Schachzone - Spukhafte Schachwirkung
Stellen wir uns nun vor, das Schachbrett hätte grössere Felder als üblich, so dass sich der schachbietente Turm und der König auf 10 oder 100 Meter Entfernung gegenüber stehen. Das Schach tritt durch den Zug des Turmes selbstverständlich trotzdem sofort ein, und zwar (auch) ohne Informationsübertragung an den schwarzen König oder den Spieler mit den schwarzen Steinen.
Würde der Schach"raum" und die offene e-Linie bis zum Mars reichen oder gar bis zum Rande (falls vorhanden) des Kosmos: das Schachgebot ist stets sofort wirksam, auch wenn die Information "Schach!" noch Sekunden, Stunden oder Jahrmillionen zum Spielpartner unterwegs ist.
Information braucht man zur Feststellung der Lage, der Stellung auf dem Brett, aber nicht zur Erreichung der Wirkung nach dem Schachgebot. Ein Mechanismus, der über weite Entfernungen ohne Informationsübermittlung sofortige Wirkung erzielt!? Ist das eine spukhafte Fernwirkung, wenn man die Turm-König-Raum-Beziehung als verschränktes System betrachtet? - So habe ich mir jedenfalls nach vielen Gedanken-Experimenten die SOFORTIGE "spukhafte" Fernwirkung OHNE Informationsübermittlung endlich vorstellen können. Genau betrachtet erscheint die Fernwirkung keineswegs spukhaft, allenfalls der schachartige Mechanismus dafür.
Wie ist es möglich, dass ohne Informationsübermittlung eine augenblickliche Zustandsänderung auf grosse Entfernung (Fernwirkung) erreicht wird? Ob die Spukhafte Schachwirkung als Analogie oder sogar als anschauliches Beispiel für einen Mechanismus der Quantenmechanik betrachtet werden kann, wird sich noch herausstellen; besonders wenn wir Quantenprozesse in Gehirnen von Schachspielern berücksichtigen.

Schachmatt: Spooky checkmate at a distance!
Ein weiteres Gedankenexperiment. Matt mit spukhafter Fernwirkung: sofortige Wirkung ohne Informationsübertragung bei Schachpartie mit Roboter Curiosity auf dem Mars. Nehmen wir an, Curiosity hätte auch ein Schachprogramm dabei und spielt via Funk (elektromagnetische Wellen mit nahezu Lichtgeschwindigkeit) mit der Bodenstation. Diese setzt ihn Matt. Durch den Zug entseht die Wirkung auch auf Entfernung ohne Verzögerung. Schachmatt tritt sofort ein, laut Wikipedia: "Ein Schachmatt (oft auch einfach nur Matt) ist eine Stellung im Schachspiel, in der ein König im Schach steht und es keinen regelgerechten Zug gibt, dieses Schachgebot aufzuheben. Mit einem Schachmatt ist die Partie beendet und für den Spieler, dessen König schachmatt gesetzt wurde, verloren."
Das gilt auch wenn der Gegner auf dem Mars von der Erde aus Matt gesetzt wird. Chess entanglement: Spooky checkmate at a distance! Curiosity ist schon augenblicklich matt, auch wenn er es noch nicht weiss. - Jeder Schachzug wirkt sofort im erweiterten Schachraum.

SCHACH ALS ANALOGIE: DAS INDISCHE SCHACHPROBLEM

Gut eignet sich zur Demonstration meiner Überlegungen - z.B. Wechselwirkungen der Figuren und Verschränkung(sanalogie) im Schach - das Indische Problem. Eine Schachkomposition [de.wikipedia.org] : Matt in vier bzw. drei Zügen, die wegen einer neuartigen Idee des Erfinders viel Erstaunen und Bewunderung hervorrief. "Der geniale Einfall des in Indien stationierten Rev. Mr. Loveday stand Pate zu einer neuen Richtung im Problemschach... bei seinem erstmaligen Erscheinen [Veröffentlichung ohne Lösung in mehreren europäischen Schachzeitschriften um 1845, R.M.] fand niemand die Lösung des Problems" (Schubirz und Brinckmann 1968, S. 94-95). Ich beziehe mich auf den "Inder", in der Version wie er als Matt in drei Zügen in Schubirz und Brinckmann (1968, S. 94-95 & 100) zu finden ist. Die Problemstellung (Notation) und Lösungszüge:
Weiss: König b5, Turm d1, Läufer g2 und Läufer h6, Bauer f2 und g4. Schwarz: König e4, Springer f3, Bauern b7 und e5.
Die Züge zum Matt: 1. Läufer h6-c1, dieser Zug ist schwer zu finden, weil er zunächst wirkungs- bzw. sinnlos erscheint. - Schwarz kann nur mit dem Bauern b7 ziehen, der Springer ist gefesselt, der König hat kein Feld, auf dem er nicht im Schach stehen würde und kann momentan nicht ziehen.
2. Turm d1-d2, der weisse Turm verstellt dem eigenen Läufer auf c1 damit die Wirkung auf Feld f4. Dieser Zug macht nur Sinn, durch den vorhergehenden intuitiv sinnlos erscheinenden Zug Läufer auf c1. Meines Erachtens kann man dazu sagen: die beiden weissen Züge und Figuren wechselwirken miteinander und sind verschränkt. - Jetzt kann und muss der schwarze König nach f4 (sein einziger Zug) ziehen.
3. Turm d2-d4, öffnet die Wirkungsdiagonale für den Läufer auf c1 wieder, und der Turm bietet gleichzeitig auf der 4. Reihe Schach, doppeltes Schach und matt! Durch diesen Turmzug verändert sich also zeitgleich die Wirkung des Läufers auf c1 ohne dass der Läufer sich verändert, bewegt ein Signal oder eine Information erhalten hätte! Beide Figuren führen jetzt die gleiche Funktion - Schachbieten - auf verschiedene Weise aus.
Insgesamt sind die beiden ins Geschehen verwickelten, agierenden weissen Figuren, also Läufer und Turm sowie deren drei Züge verschränkt. Ich betrachte dies als eine Schach-Analogie zur Entstehung von Quantenverschränkung und stelle sie zur Diskussion. Ich werde auf das Indische Problem in Hinblick auf Verständnis und Interpretation der Quantenphysik noch mehrmals zurückkommen. Ähnliche Züge, verwickelte Kombinationen und Manöver kommen auch in realen Schachpartien vor.

4. Teil DAS FEHLEN EINER GRIFFIGEN KONZEPTION VON QUANTEN - NEHMEN WIR SCHACH!

Quanten spielen verrückt, besser gesagt, sie halten Beobachter zum Narren. Ihre fragwürdigen Existenzen stellen immer wieder neue Rätsel auf. Ihr Entdecker Max Planck bezeichnete deren theoretische Einführung um 1900 als "Akt der Verzweiflung".

Welle-Teilchen-Dualismus und Quantenmechanik
Schon Jahrhunderte vorher hatte das Wesen des Licht den Physikern viele Verständnisprobleme bereitet. Prof. Feynman fasst zusammen (1993, S. 158): "Beginnen wir mit der Geschichte des Lichts. Zunächst nahm man an, es verhalte sich ähnlich wie ein Schauer von Teilchen, von Korpuskeln, etwa wie Regen oder wie Kugeln, die aus einem Gewehr abgefeuert werden. Weitere Forschungen ergaben, daß diese Annahme nicht zutraf, daß sich das Licht vielmehr wie Wellen verhielt, beispielsweise wie Wasserwellen. Die Forschung des 20. Jahrhunderts wiederum gewann den Eindruck, daß sich Licht in vielerlei Hinsicht doch eher wie Teilchen verhielte. Ja, im Photoeffekt konnte man diese Teilchen, die Photonen, wie sie heute genannt werden, sogar zählen. Auch das Verhalten der Elektronen glich, als man sie entdeckte, exakt dem von Teilchen oder Kugeln. Weitere Forschungen jedoch, zum Beispiel die Experimente über die Beugung von Elektronen, zeigten, daß sie sich wie Wellen verhielten. Was Wunder, daß mit der Zeit die Verwirrung wuchs: Hatte man es nun mit Wellen oder mit Teilchen, mit Teilchen oder mit Wellen zu tun? Für die eine Annahme sprach soviel wie für die andere...Heute kennen wir das Verhalten von Elektronen und Licht, wissen aber nach wie vor nicht recht, wie wir es nun bezeichnen sollen. Sagen wir, sie verhalten sich wie Teilchen, erwecken wir einen falschen Eindruck; ebenso, wenn wir ihr Verhalten mit dem von Wellen vergleichen."

Lassen wir Doppelnatur des Lichts und der (sub-)atomaren Welt durch kompetente Kenner der Materie kurz vorstellen. William Bragg (Physik-Nobelpreisträger 1915) "brachte das Dilemma der Physiker auf den Punkt, als er verzweifelt ausrief, daß er montags, mittwochs und freitags die Korpuskulartheorie des Lichts lehre, dienstags, donnerstags und samstags jedoch die Wellentheorie" (zit. nach Hey und Walters 1990, S. 51).

De Broglie schlug in seiner Dissertation (1924) das Verknüpfungskonzept "Materiewellen" vor, diese sind jedoch nur im Quantenreich erkennbar und deshalb in der Alltagswelt leider nicht als konkrete Verständnishilfe geeignet. (Guter Überblick zu Materiewellen in Greene 2000, S. 129.)

Nobelpreisträger Weinberg erklärt: "Nach der Quantenmechanik sind Wellen und Teilchen nur zwei Aspekte einer und derselben zugrunde liegenden Wirklichkeit. Das mit einer Welle verbundene Teilchen ist deren Quant" (1993, S. 171).

Licht und andere elektromagnetische Wellen sowie Materie sind beides, Wellen und Teilchen, zugleich. Je nachdem in welchem Kontext man sie untersucht, zeigt die Materie Wellen- oder Teilcheneigenschaften. Feynman, für flotte Formulierungen bekannt, meinte sarkastisch (1993, S. 159): "Immerhin können wir wenigstens eine Vereinfachung vornehmen: Elektronen verhalten sich in gewisser Hinsicht genauso wie Photonen; sie sind beide verrückt, aber beide in exakt derselben Weise."

Man erkannte schließlich, dass diese Doppelnatur nicht nur Licht und Elektronen kennzeichnete. Auch andere Elementar"teilchen" und sogar ganze Atome verhalten sich manchmal wie Partikel und manchmal wie Wellen.

FEHLEN EINER UMFASSENDEN, GRIFFIGEN, ALLGEMEIN AKZEPTIERTEN KONZEPTION

Nobelpreisträger Schrödinger beschrieb das Fehlen eines einleuchtenden verbindenden Konzepts (1953/1991, S. 18/19): "Both the particle picture and the wave picture have true value, and we cannot give up either one or the other. But we do not know how to combine them. That the two pictures are connected is known in full generality with great precision and down to amazing details. But concerning the unification to a single, concrete, palpable picture, opinions are so strongly divided that a great many deem it altogether impossible...- nobody has yet succeeded."

Seither hat sich am Mangel eines Konzepts, das Teilchen- und Wellen-Charakter gleichzeitig konkret darstellt und allgemein verständlich abbildet, nichts geändert. Bislang wurde probiert, die rätselhaften Erscheinungen von Quanten u.a. mittels Regen- bzw. Wassertropfen, Wasserwellen, als Kugeln, Gewehrkugeln, Billiardkugeln, Würfel, als Bälle beim Torwandschiessen, durch halbtote Katzen, die Metapher eines feurigen Drachens (Prof. Wheeler) und besonders ausgefallen als betrunkene Häftlinge (Susskind 2010, S. 118) zu verdeutlichen.

Der Physiker Gamow hat versucht, die merkwürdigen Gegebenheiten der Quantenwelt in Romanform zu beschreiben. Er konfrontiert seinen Helden Mr. Tomkins mit seltsamen Geschehnissen der Quantenrealität. Hier ein Beispiel: "Einer der Spieler legte eine Kugel auf den Tisch und versetzte ihr mit dem Queue einen Stoß. Zu seinem großen Erstaunen sah Mr. Tompkins, wie sich die rollende Kugel 'zu verschmieren' begann. Dies war die einzige Bezeichnung, die er für das seltsame Verhalten der Kugel finden konnte. Indem sie über das grüne Spielfeld rollte, verlor sie nämlich ihre scharfen Umrisse und schien mehr und mehr zu verschwimmen. Man hatte den Eindruck, daß es nicht eine einzige Kugel war, die da über den Tisch rollte, sondern daß es mehrere waren, die sich gegenseitig teilweise durchdrangen. Mr. Tompkins hätte ähnliches schon öfter erlebt, doch hatte er heute noch keinen einzigen Tropfen Whisky zu sich genommen. Es war ihm daher völlig unklar, wie ihm ausgerechnet jetzt etwas Derartiges passieren konnte. 'Na schön', dachte er, 'dann wollen wir erst einmal sehen, was geschieht, wenn dieses schleimige Etwas auf eine zweite Kugel trifft" (zit. nach Weinberg 1993, S. 73).

Noch ein runder Vergleich. Quanten als Mini-Fussbälle beim Torwandschiessen, "Schüsse auf das Quanten-Tor" (Wegner 1996, S. 46-50, in Bild der Wissenschaft, Nr. 3/96): "Wie Teilchen Wellen spielen, offenbart sich am einfachsten, wenn man sie auf eine kleine "Teilchen-Torwand" schiesst. Physiker nennen das ein Doppelspalt-Experiment" (S. 47).

"Nobody has yet succeeded" - NEHMEN WIR SCHACH!

Wenn ich nicht am Zug war, habe ich mir manchmal eine Schachfigur auf dem Brett angeschaut und sie und/oder mich still gefragt: Bist du eine Kombination von Quanten und Wellen? Meist hat sie einem Stümper wie mir nicht geantwortet. Aber gelegentlich doch, z.B.: Ja, wenn du dein Hirn mit einbeziehst, haben ich/wir diese Existenz oder Schau dir die Felder an: Wenn du meine Zugmöglichkeiten gedanklich durchspielst, spiele ich Wahrscheinlichkeitswelle(n). Du kannst Figuren, Brett und deine Schachgedanken auch als verschränktes System betrachten und das Schach-Verschränkungsmatrix nennen. - Erschrocken habe ich mich wieder der realen Partie zugewandt.

Ich will versuchen mit Schachfiguren, Schachzügen - wie in Teil 3 des Artikels bereits demonstriert - sowie mit mentalen Prozessen in Gehirnen von Schachspielern Quanten und quantenmechanische Vorgänge darzustellen und zu verstehen - und damit evtl. für manche Menschen verstehbar zu machen. Zum Beispiel: Schachzüge als Partikel-/Materiebewegungen auf dem Schachbrett und als Wellenbewegungen in neuronalen Netzen von Schachspielergehirnen. Gedanken und konkrete Handlungen im Schach quantenartig verwoben, geht das? Spielen wir mal!
Die ultimative Herausforderung ist dabei wohl die "Wellenfunktion von Schachgedanken" darzustellen (dazu nach einigen Vorbereitungszügen bald mehr). {Kurze Vorschau für Eilige und Unerschrockene / 1. Annäherung:

DIE WELLENFUNKTION EINES SCHACHGEDANKENS - Zugmöglichkeiten überlagern sich im Gehirn des Schachspielers

Der langjährige Schachweltmeister Lasker bemerkt (Lehrbuch des Schachspiels 1977, S. 97): "Die Kombination wird im Kopfe eines Schachfreundes geboren. Viele Gedanken kommen da zur Welt, richtige und falsche, starke und schwache...einer trägt den Sieg davon über die Rivalen und setzt sich in einen Zuge auf dem Schachbrett um."
Bei der Zugwahl eines Schachspielers überlagern sich oft mehrere Gründe für und gegen einen Zug oder Plan. Ich fand es reizvoll für Auswahl und Ausführung eines Zuges die Quanten"bewegungen" bzw. Wellengleichungen aus der Quantenmechanik als Analogie heranzuziehen, was natürlich gar nicht so einfach ist. Allgemein erklärt Prof. Polkinghorne: "In der Quantenphysik kann man auf wohldefinierte Weise Zustände überlagern, die die klassische Physik als vollkommen getrennt behandeln würde. Ein Elektron kann in einem Zustand sein, der eine Mischung aus ‚hier‘ und ‚dort‘ darstellt, in dem es keinen eindeutig definierten Ort hat. In Folge dessen gilt in der Quantenwelt eine Logik, welche sich von der aristotelischen Logik des Alltags unterscheidet. Letztere basiert auf dem Prinzip des ausgeschlossenen Dritten: es gibt keinen Zwischenzustand zwischen A und nicht-A. In der Quantenwelt gibt es viele solche Zwischendinge, Superpositionen von A (‚hier‘) und nicht-A (‚dort‘). Diese Tatsache ist mit dem Welle/Teilchen-Dualismus verbunden... Es zeigt sich, dass diese Zustände den Wellencharakter bekunden. "
Zur "Wellenfunktion: Eine mathematische Funktion, die die Welleneigenschaft eines Systems oder eines Teilchens zum Ausdruck bringt. Die Wellenfunktion sagt alles aus, was in der Quantenmechanik über den Zustand eines physikalischen Systems oder Teilchens bekannt ist..." (Kumar 2009, S. 469). <Falls erforderlich tief durchatmen und die Wellenfunktion vorerst vergessen>.
Die verschiedenen Zugmöglichkeiten einer Schachfigur bei gegebener Position lassen sich vermutlich auch als Wellenfunktion bzw. Wahrscheinlichkeitswellen darstellen, ebenso die Zugmöglichkeiten eines Spielers in einer bestimmten Lage. Ich stelle mir das bildhaft vereinfacht so vor, wie es die Abbildung 4.9 auf Seite 131 in Greene 2000 zeigt; sorry muss noch eingefügt werden. Beim Ausführen des Zuges auf dem Brett oder schon bei der Entscheidung des Spielers für den Zug im Gehirn, bricht die Wellenfunktion der Möglichkeiten zusammen. Die Frage ist, ob dies als Analogie allenfalls nützlich ist oder sich tatsächlich im Gehirn, den neuronalen Netzen eines Menschen, real etwas Ähnliches abspielt. Wir werden dies nach verständlicher Darstellung der Grundlagen ausführlich diskutieren. Siehe auch die 2. Annäherung im 7. Teil dieses Artikels. Exkurs Ende. Wer noch nicht genug hat: Leichtverständliches zu Gehirn, menschlicher Informationsverarbeitung, Handeln und Quanten: [www.mikrowellenterror.de] }

Wie vorgeschlagen und gezeigt, Schach bietet griffige Verschränkungen und Wechselwirkungen: Die (Aus)Dehnung der Schachzone, sofortige Fernwirkung, chess entanglement sowie spooky checkmate at a distance. Neu betrachtet ist "Das indische Problem - eine grandiose, revolutionierende Idee" (Schubirz & Brinckmann 1968) geeignet, schnell und einfach - wenn man die drei Lösungszüge nachvollzieht - aufzuzeigen, was ich als Schachanalogie zur Entstehung von Verschränkung verstehe. Die Lösungs-Züge bzw. Figuren sind miteinader verschränkt. Das Schachgeschehen hat beim ersten Anschein nichts mit tatsächlicher Quantenverschränkung zu tun - oder DOCH!?-, jedenfalls nicht auf der ersten Betrachtungsebene. Bei eventuellen Quantenprozessen im Gehirn des suchenden oder findenden Problemlösers und den entsprechenden Schachhandlungen vielleicht schon, dazu später mehr.

5. Teil ERSTE PARALLELEN ZWISCHEN SCHACH (SPIELER) UND QUANTEN ( PHYSIK)

Quanten und Schachspieler probieren viele mögliche Wege
Vor etwa 20 Jahren las ich in dem Buch Der Geist im Atom (Davies & Brown 1993) in Hinblick auf das berühmte Doppelspalt-Experiment (siehe unten) der Quantenphysik folgendes (S. 20): "Es kann zweckdienlich sein, sich vorzustellen, dass jedem Teilchen unendlich viele Bahnen zugeordnet sind... Die Unbestimmtheit seiner Aktivität ermöglicht ihm, viele verschiedene Bahnen abzutasten".
Dabei dachte ich seltsamerweise sofort - durch einen Quanteneffekt in meinem Gehirn? - an die Variantenberechnung eines Schachspielers bei der Analyse der Position (Berechnung und Bewertung von Schachzügen / Planung bzw. Strategie und Taktik). Dann kam mir dazu auch das allgemeine Planen und Handeln von Menschen in den "Sinn": Pläne, Wege, Ziele.
Bald fand ich eine entsprechende Abbildung zur Quantenphysik in Davies Die Urkraft (1990, S. 309 muss noch eingefügt werden), darunter steht u.a. ähnlich der obigen Formulierung: "Das Teilchen 'tastet' alle möglichen Wege von A nach B 'aus'".
Meine Analogie: Ausgang der Berechnungen (Gedankenbewegungen) ist die aktuelle Lage A auf dem Brett und B der nächste Zug, der ausgeführt werden soll.
Greene gebraucht statt ab- bzw. austasten, das besser zum Schachdenken passende Verb ausprobieren (2000, S. 137): "nach Feynman ist es so, dass das Elektron jede mögliche Bahn zwischen Ausgangs- und Endpunkt 'ausprobiert'".

Das Mögliche und das Faktische - Dimension Zukunft
Heisenberg (1988, S. 82) erinnert sich an eine Aussage Einsteins, die auch ein zentrales Prinzip der Quantentheorie darstellt: "Das Mögliche, das zu Erwartende, ist ein wichtiger Bestandteil unserer Wirklichkeit, der nicht neben dem Faktischen einfach vergessen werden darf." Heisenberg selbst betont (1988, S. 283): "... die Wellenfunktion der Quantentheorie stellt das Mögliche und nicht das Faktische dar". Einstein und Infeld nochmals zur Quantenphysik: "Nicht Eigenschaften, sondern Wahrscheinlichkeiten werden beschrieben..." (1987, S. 258).

Auch hier gibt es Parallelen zum Schach. So versuchen Schachspieler immer wieder aus einem Meer an Möglichkeiten, die Beste oder wenigstens eine erfolgversprechende bzw. wirkungsvolle zu realisieren. Wahrscheinlichkeiten statt Sicherheiten sind die Basis des Handelns und Hoffens. Silbermann & Unzicker (1979, S. 351): "Die eigentliche Dimension des Schachs ist die Zukunft. Nicht die Stellung der Figuren auf dem Brett, sondern jene Position, zu der die Spieler nach Durchrechnung oft sehr komplizierter Zugreihen in Gedanken gelangen, bestimmt die Wahl des Zuges. ... die gegebene Stellung - die Gegenwart - (dient) der Erkenntnis kommender Dinge."
Für beide, Quantenphysik und Schach, kann man kurz festhalten: Nicht nur was ist, ist real, auch was möglich ist, ist realistisch.

DER MENSCHLICHE FAKTOR: SCHACHSPIELER UND QUANTENBEOBACHTER
Was im Schach der Spieler, ist in der Quantenphysik der Beobachter. Beginnen wir mit dem menschlichen Faktor im Schach.

Der mentale Hauch der Spieler
Der entscheidende Faktor beim Schachspielen sind natürlich die Spieler bzw. der "vorausdenkende, gestaltende Menschengeist, der erst den toten Steinen Leben einhaucht", wie Großmeister Réti (1922 ,1978, S. 17) so schön formulierte. Es ist klar, dass Schach ohne Spieler nur eine hölzerne Theorie wäre, also denkende und handelnde Akteure benötigt, die die Figuren mental und konkret bewegen. (Zu Schachcomputern bzw. -Programmen kommen wir noch.)

Schachspielen als Handeln
Schachzüge werden in der Schachliteratur oft als Handlungen oder englisch "actions" bezeichnet. "Jeder Zug ist ein bewusstes Handeln" (Silbermann & Unzicker 1979, S. 331). Großmeister Fine (1989, S. 1) betrachtet Schach als "combination of theory and action" und spricht von "action or moves in chess".
Auch der erste Schachweltmeister Steinitz beschreibt die Schachzüge als "movements or actions" (1889, S. XXVII) in einem Satz mit "forces" and "powers", der es Wert ist, ganz zitiert zu werden: "Both parties are placed on a perfectly equal footing on starting, as regards the forces and their respective powers, and the same rules regulate the movements or actions of the combatants".

Das Umsetzen von Gedanken in Handlungen
Linder erklärt zutreffend: "...erfolgt in der ganzen Schachpartie ein fortwährendes Umsetzen von Gedanken in Handlungen" (1986, S. 72).
Wobei wir wieder bei Einstein sind: "Schach ist das schnellste Spiel der Welt, weil man in jeder Sekunde Tausende von Gedanken ordnen muss." [www.lichtentanne-schach.de] . Einmal wird Einstein in diesem Kontext auch so interpretiert: "Ein Zug auf dem Brett sind hundert Züge im Kopf." [www.zeit.de] , dies ist aber wohl kein original Einstein, - trotzdem gut!

Der Beobachter in der Quantenphysik
Einstein fragte eimmal: "Gibt es den Mond nur, wenn wir ihn ansehen?" (zit. nach Kumar 2009, S. 422). Damit brachte er ein starkes Argument in die Debatte um das Wesen der Wirklichkeit ein, mit dem er ausdrücken wollte, dass er eine Grundannahme der Quantenphysik weiterhin nicht zu akzeptieren vermochte: Dass erst durch Beobachtung / Messung die Möglichkeit zur Realität wird, z.B. bei Elektronen, Photonen oder dem ganzen Kosmos. "Gemäss Kopenhagener Deutung besitzen Teilchen keine unabhängige Wirklichkeit, keine Eigenschaften, solange sie nicht beobachtet werden" (Kumar 2009, S. 376). Manche Quantenforscher stellen auch Fragen an die Natur bzw. direkt an die Quanten, wie wir bei der nächsten Parallele zwischen Schach und Quantenphysik erfahren werden.

Schach und das Beobachtungs-/Beobachter-Problem in der Quantenphysik
Meines Erachtens kann man dieses Problem mit Gegebenheiten beim Schachspielen analysieren und diskutieren: EXISTIEREN SCHACHZÜGE NUR DANN, WENN SIE AUSGEFÜHRT WERDEN UND DAMIT BEOBACHTBAR SIND? WAS IST MIT DEN IM KOPF DES SPIELERS DURCHGESPIELTEN ZÜGEN, DIE NICHT AUFS BRETT KOMMEN? - Hierzu könnten Sie auch ein eigenes Gedankenexperiment wagen!

QUANTEN, SCHACH UND INFORMATION

Beim Schach und in der Quantenphysik spielt Information eine zentrale Rolle. Wen würde das wundern, wo Information doch immer und überall essentiell ist. Doch eine genaue Informationseinholung zur Bedeutung von Informationen in beiden Bereichen ist durchaus informativ!

"Information ist der Urstoff des Universums“ (S. 217) und "Wirklichkeit und Information sind dasselbe“ (S. 229) sagt Anton Zeilinger (2005). Siehe dazu auch folgenden Interview-Auszug (2003): "Für mich sind Wirklichkeit und Information untrennbar wie die zwei Seiten ein und derselben Medaille. Letztlich wird es eines Tages möglich sein, die gesamte Physik, ja sogar alle Naturwissenschaften, in der Sprache der Information auszudrücken...Der Beobachter hat in der Quantenphysik einen viel größeren Einfluss als zuvor, jedoch keinen unbegrenzten... Information ist nicht nur rein subjektiv. Sie ist zwar die Information, die jemand besitzt, aber sie ist gleichzeitig auch Information über etwas – eben über die Wirklichkeit." [www.bild-der-wissenschaft.de]

Relative Information
Ich verstehe Information in manchen Kontexten als Beschreibung einer bestimmten subjektiven, relativen Wirklichkeit. Zum Beispiel sieht beim Indischen Schachproblem jemand, der die Lösungszüge kennt, etwas anderes auf dem Brett als ein Spieler, der noch nie etwas davon gehört hat.

Quantum-Information: 'the it from the bit'
Der moderne Quanteninformations-Ansatz (quantum information theory) betrachtet Quantensysteme als Träger von Informationen. Ein herausragender Pionier des Quanteninformation-Ansatzes war der Princeton Physiker John A. Wheeler, sehr kreativ und meist seiner Zeit um Jahrzehnte voraus. Er prägte z. B. das astronomische Konzept 'Schwarzes Loch' und den 'Quantenschaum'. - Der Wissenschaftsautor Horgan, der ein ausführliches Interview mit Wheeler führte, schreibt zu dessen Sichtweise: "Gemass dem Slogan 'the it from bit' ('das Es aus dem Bit') erzeugen wir mit den Fragen, die wir stellen, nicht nur die Wahrheit, sondern sogar die Wirklichkeit selbst - das 'It' " (Horgan 1997, S. 140). Ich übersetze das Motto meist mit 'die Existenz aus der Information'; in manchen Kontexten kann man es auch treffend als 'Existenz aus der Frage' oder 'Fakt durch Fragen' interpretieren. Wir werden sehen, dass beim Schachspielen die Fragen an die Position und die Antworten, die wir uns selbst bzw. der jeweilige Gegner geben, ebenfalls (zum Teil) die Wirklichkeit der Partie erzeugen.

Das BIT, Quant der Informationstheorie
Der Altmeister verband die Quantenphysik mit der damals entstehenden Informationstheorie. "Wheeler began to draw his colleagues' attention to some intriguing analogies between physics and information theory, which was first proposed by Claude E. Shannon of Bell Laboratories in 1948. Just as physics builds on an elementary, indivisible entity that depends on the act of observation—namely, the quantum—so does information theory. Its 'quantum' is the binary unit, or bit, which is a message representing one of two choices: heads or tails, yes or no, 0 or 1." [www.scientificamerican.com] . Nach Wheeler ist die binäre Einheit, das bit, also das Quant der Informationstheorie (vgl. Horgan 1997, S. 136).

Quantenphysiker, die den informationstheoretischen Ansatz bevorzugen, betonen Fragen an die Natur bzw. direkt (ganz persönlich :-) an die Quanten. Zeilinger: "Ich habe mit der Quantenphysik gelernt, wie wichtig es ist, die richtigen Fragen zu stellen! Je nach Frage steuert unsere Wirklichkeit in eine bestimmte Richtung. Wenn ich etwa ein Elektron frage: 'Bist du ein Teilchen?', dann wird es antworten: 'Ja, ich bin ein Teilchen!' Wenn ich es frage: 'Bist du eine Welle?', dann wird es sagen: 'Ja, ich bin eine Welle!' Wenn es einmal gesagt hat, es ist eine Welle, dann kann es nicht auch Teilchen sein – obwohl das vor der Frage möglich gewesen wäre. Ich entscheide also durch meine Frage, welche Möglichkeit Wirklichkeit wird." [http://diepresse.com] - Natürlich ist die "Befragung' von Quanten hier im übertragenen Sinne gemeint.

Kurzkritik des (Quanten-)Informationsansatzes: Besteht der Mond wirklich (nur) aus Information? Kann man sich auf einen Stuhl setzen, der lediglich als Information existiert? Wenn Informationen alles wären, was existiert, könnte man die Speisekarte mit den Speisen verwechseln und über Geschmack und Nährwert enttäuscht sein. Treffender ist vielleicht, Information als Beschreibung einer bestimmten Wirklichkeit zu verstehen.

SCHACH UND INFORMATION

Großmeister Dr. Robert Hübner erklärte: "...das Aufnehmen der Information ist ein äusserst vielschichtiger Prozess...der auf die Spielstärke maßgeblichen Einfluss ausübt. Es ist höchst wichtig, dass die Konstellationen korrekt erfasst und strukturiert werden: es darf nichts an ihnen Wesentliches fehlen... Die mit ihnen verknüpften Bewertungen müssen richtig, die ihnen zugewiesenen Abläufe sinnvoll sein" (Hübner in Munzert 1988 bzw. 5. Aufl. 1998, S. 191).

DIE EXISTENZ AUS DER INFORMATION ("It from bit" ) AUF SCHACH ÜBERTRAGEN
Für das Schachspielen ist bewusste und unbewusste Informationsverarbeitung mittels kognitiver Prozesse und mentaler Inhalte fundamental. Hier seien genannt: Wahrnehmung, Gedächtnis, Vorstellungsvermögen, Schachkenntnisse und Konzentrationsfähigkeit sowie Schachliches Denken: Zugsuche und Zugwahl, Intuition, Kreativität, Planung, Berechnung und Stellungsbewertung (ausführlich dargestellt in meinem Buch Schachpsychologie 1988 & spätere Auflagen: Kap. 19 und 20). Zur Interaktion von Gehirnen mit Schachsteinen bzw. zu bewusster und unbewusster Informationsverarbeitung, kognitiven und emotionalen Prozessen sowie Handeln im Schach siehe im selben Buch Das SCHACH-Prozeß-Modell (1988, S. 214-215 sowie ab 3. erweiterter Aufl. 1993 zusätzlich Kapitel 29).

Zur Existenz von Schachfiguren und Schachprozessen
Wenden wir uns nochmals dem Quanten-Info-Altmeister zu: "Wheeler glaubte, dass alle materiellen Objekte sich aus Informationsbits zusammensetzten, und er drückte seine Idee durch diesen Slogan aus: 'It from bit'. - Das Seiende beruht auf Information" (Susskind 2010, S. 161). Gilt das auch für Schach? Oberflächlich betrachtet bestehen Schachfiguren, Brett und Spieler immerhin aus Materie. Vielleicht ist Wheeler mit seiner Auffassung doch ein paar bits zu weit gegangen. Information ist ja oft - immer? - an Materie gekoppelt, sei es nun Papier, Elektronen, elektromagnetische Strahlung, DNA oder Neuronen und neuronale Netze im Gehirn. Zu diesem Punkt freue ich mich schon besonders auf Diskussionen.

Fragen an die Position: Wie stehts (Konstellation)? Was droht? Was geht? usw.
Auch in Bezug auf Schachfiguren, Positionen, mögliche Strategien & Taktiken, Pläne und Züge sind Fragen nach ihrem jeweiligen Status und/oder zukünftigen Möglichkeiten grundlegend. In Hinblick auf Schachfiguren ist bekanntlich zunächst relevant: Um welche Figur handelt es sich, welche Farbe hat der Schachstein, auf welchem Feld steht er? Gibt es typischen Konstellationen (Schachmuster)? Bei Partien zur ersten Orientierung: eigene oder fremde Partie? aktuelle oder bereits beendete bzw. historische Partie?, die Stellungsbeurteilung bzw. Fragen an die Position: Was droht? Was geht? usw. Bei der "Befragung" der Partie hängen die Antworten neben der Konstellation auf dem Brett bekanntlich auch wesentlich von den Fähigkeiten des Spielers und seines Gegners ab. Besonders wenn es komplex wird, kommt es - wie bei der Beobachtung von Quantenprozessen - auf den jeweiligen Beobachter bzw. Spieler an.

GANZHEITLICHKEIT UND WECHSELWIRKUNGEN (Ganzheitliches Zusammenwirken)

Quantentheorie als Physik der Beziehungen
Prof. Görnitz (im Buch Quanten sind anders, 1999): "Im Gegensatz zur klassischen Naturwissenschaft, die ich als Physik der Objekte gekennzeichnet habe, soll die Quantentheorie als eine Physik der Beziehungen vorgestellt werden... Üblicherweise spricht man, wenn 'das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile', von einer holistischen Struktur. Dies trifft auf die Quantenphysik zu!" (S. 106-107), siehe auch die Abbildung "Charakterisierung eines Quantensystems" auf S. 108 des Buchs von Görnitz.
Ebenfalls zum "ganzheitlichen Charakter der Quantenphysik" (Davies & Brown: Der Geist im Atom 1993, S. 23): "Das Teil hat...für sich allein keine Bedeutung, sondern nur in Verbindung mit dem Ganzen." Wobei wir wieder bei der Quantenverschränkung / entanglement sind: "At the heart of this field is the phenomenon of entanglement, where the information about the properties of a set of quantum particles becomes shared between all of them... One implication of quantum information experiments seems to be that information held in quantum particles lies at the root of reality" (Brooks 2011, S. 32).

Schachspielern muss man nicht erklären, dass dieses Spiel auf Wechselwirkungen (Beziehungen) beruht, die beim erfolgreichen Spielen ganzheitlich und harmonisch zusammenwirken (müssen). In drei Sätzen zusammengefasst: "Skillful chess processing can be compared to a living organism where several subsystems are working together to be effective. Almost every process seems to be connected with one or several others. Put together they form a complete whole" (Munzert 1993, S. 358).

Der Physiker Prof. Davies bemerkt (1992, S. 78) allgemein: "In recent years scientists have come to recognize more and more systems that must be understood holistically or not at all." Dies gilt wohl auch für Quanten und Schach!

QUANTENPHYSIK BEI GRÖSSEREN OBJEKTEN UND LEBEWESEN: "quantum at all scales"
"Quantum mechanics is not just about tiny particles. It applies to things of all sizes: birds, plants, maybe even people... Over the past several years experimentalists have seen quantum effects in a growing number of macroscopic systems. The quintessential quantum effect, entanglement, can occur in large systems..." (Vidral 2011, S. 20: Living in a Quantum World. Scientific American, June 2011). Und: "Small-scale physics has a 'spooky' power over the world at large" Scientific American, cover, June 2011).

Schach: Ganzheitliches Zusammenwirken im Mikro- und Makrobereich!? Zusammenspiel verschiedener Ebenen & Mensch-Materie-Interaktion
Dass Schachfiguren und Brett aus Materie, also aus Quanten, bestehen dürfte Zustimmung finden. Spannend ist die Frage, ob im bzw. beim Schach auch Quantenmechanik im Spiel ist! Quanteneffekte im Schach, eines der Haupthemen des Artikels. wurden bereits in Angriff genommen, mehr im Endspiel.

Zusammenfassend zum 5. Teil: Insgesamt konnten wir zahlreiche Parallelen und Ähnlichkeiten zwischen Schach und Quanten(physik) ausführlich aufzeigen.

Die Ansätze zur Quanteninformation, zum ganzheitlichen Quantengeschehen, den Beziehungsaspekten der Quantentheorie sowie "quantum at all scales" sind für jemanden, der sich mit Schach und Quantenphysik beschäftigt natürlich besonders relevant und willkommen. Wir werden darauf eingehen.

6. Teil DOPPELSPALT-EXPERIMENT, DOPPELNATUR DER QUANTEN, KOMPLEMENTARITÄT, UNSCHÄRFE

"Die Entdeckung der Quantentheorie im ersten Viertel des zwanzigsten Jahrhunderts brachte die größte Revolution in unserem Verständnis der Welt der Physik seit den Entdeckungen von Isaak Newton mit sich. Die Newtonsche Welt der klassischen Physik war klar und determiniert; die Quantenwelt ist verschwommen und unvorhersehbar" (Prof. John Polkinghorne).

DAS DOPPELSPALT-EXPERIMENT
Einstein erweiterte einen klassischen Versuch über die Wellennatur des Lichts (Young 1803) bei dem Licht durch zwei Spalte gestrahlt wird, zum gedanklichen Doppelspalt-Experiment. Dieses Experiment, inzwischen vielfach in Forschungslabors tatsächlich ausgeführt, demonstriert zentrale Phänomene/ Prozesse/ Merkmale der Quantenmechanik. Feynman erklärt seinen Lesern, "dass es das ganze Geheimnis der Quantenmechanik enthält und Sie damit auf sämtliche Paradoxe, Geheimnisse und Absonderlichkeiten der Natur hundertprozentig vorbereitet sind" (1993, S. 160). Vielen Freunden der Physik ist der Versuchsaufbau bekannt. Er findet sich in zahlreichen Büchern und Veröffentlichungen. Wer ihn noch nicht kennt, liest bei Meister Feynman nach. Sogar noch besser sind wohl Darstellung, Erläuterungen und Abbildungen in Greene: Das elegante Universum (2000, S. 122-128 & 135-137).

DOPPELNATUR DER QUANTEN
Das sonderbare Wesen des Lichts wird mittlerweile als Doppelnatur bezeichnet. (Licht und andere elektromagnetische Wellen bestehen aus Photonen bzw. Quanten - also winzigen Energiepaketen - die sich auch wellenartig zeigen/verhalten können.)
Zur Natur des Elektrons hält ein weiterer Physiknobelpreisträger quantenmechanisch uneindeutig fest (Wilczek 2013): "Die moderne Quantentheorie bekräftigt Bohrs Idee, dass das, was man sieht, davon abhängt, wie man es sich ansieht... Also, was ist nun ein Elektron? Es ist ein Teilchen und eine Welle; es ist denkbar einfach und unvorstellbar komplex; es ist genau verstanden und absolut geheimnisvoll; es ist unteilbar und neigt zur kreativen Fragmentierung. Keine einzige Antwort wird der Realität gerecht" [www.spektrum.de] . Ausnahmsweise darf ich einen Nobelpreisträger beim letzten Satz des Zitats zur Optimierung mit einem Wort ergänzen: allein. Mein Vorschlag also: Keine einzige Antwort - allein! - wird der Realität gerecht. Manche Aspekte sind komplementär - wie schon Bohr erkannte.

KOMPLEMENTARITÄT
Mit dem sonderbaren Doppel-Wesen der Elementarteilchen konnten sich viele Physiker lange Zeit nicht abfinden. Der bekannteste Versuch zur Beschreibung (Erklärung?) des paradoxen Phänomens ist Bohrs Komplementaritätsprinzip. Bohr erklärte, man könne die Doppelnatur der Materie nicht jeweils nur auf einen einzigen Aspekt ihrer Erscheinungsweise beschränken; die beiden Seiten des Welle-Teilchen-Phänomens seien komplementär. Bohrs Motto lautete: "Contraria non contradictoria sed complementa sunt (Gegensätze widersprechen sich nicht, sondern ergänzen einander)" (siehe Hovis und Kragh 1993, S. 84).
Heisenberg beschreibt Bohrs Sichtweise ausgezeichnet (1988, S. 95): "Bohrs Bestrebungen gingen dahin, die beiden anschaulichen Vorstellungen, Teilchenbild und Wellenbild, gleichberechtigt nebeneinander stehen zu lassen, wobei er zu formulieren suchte, daß diese Vorstellungen sich zwar gegenseitig ausschlössen, daß aber doch beide erst zusammen eine vollständige Beschreibung des atomaren Geschehens ermöglichten."

UNSCHÄRFE, UNBESTIMMTHEIT UND UNVORHERSAGBARKEIT
Der Welle-Teilchen-Dualismus ist das erste (scheinbare) Paradox der Quantenphysik. Aber betrachten wir diese verwirrende Mikrowelt noch genauer, dort warten weitere Merkwürdigkeiten auf den Besucher aus der Makrowelt!

Unbestimmtheitsrelation / Unschärfe-Prinzip
"Heisenberg zufolge resultiert diese Unschärfe aus dem Umstand, daß in der subatomaren Welt bereits der Akt der Beobachtung die Position und Geschwindigkeit eines Objektes verändert. Anders gesagt, bereits der Prozeß des Messens eines atomaren Systems stört dieses so erheblich, daß sein Zustand nach der Messung ein qualitativ anderer ist als zuvor... Nach der Quantenmechanik ist es prinzipiell unmöglich, Ort und Geschwindigkeit eines einzelnen Elektrons gleichzeitig zu messen, wie empfindlich die Meßgeräte auch sein mögen. Wir können jeweils nur entweder das eine oder das andere feststellen, nicht aber beides zugleich" (Kaku & Trainer 1993, S. 64/65).

Insbesondere Bohr betonte, daß diese Unschärfe nicht an der Ungenauigkeit unserer Versuchsanordnungen und fehlender Meßgenauigkeit liege, sondern "in der Natur der Sache" gründe. Die Quantenwelt sei prinzipiell unbestimmbar und unvorhersagbar. Dieses Postulat hat weitreichende Konsequenzen. Dazu einige drastische Anmerkungen: "Die berühmte Unbestimmtheitsrelation von Heisenberg scheint jedem einfachen, intuitiven Bild der atomaren Welt, in dem sich Teilchen entlang wohldefinierter Bahnen unter dem Einfluß von Kräften bewegen, eine Schranke zu setzen. Ein Teilchen wie das Elektron ist unvorhersagbar im Zickzackkurs unterwegs, und seine Bewegung kann unmöglich im Detail verfolgt oder sinnvoll beschrieben werden... Was wir gewohnt waren, als solide Gegenstände anzusehen, finden wir als gespenstische Mosaike aus zitternder Energie. Die Quantenunbestimmtheit sorgt dafür, daß wir über ein Teilchen nicht alles zu allen Zeiten wissen können. Wenn man versucht, ein Teilchen (metaphorisch gesehen) festzunageln, dann entzieht es sich dem Zugriff" (Davies 1990, S. 56-57).

Copyright Dr. Reinhard Munzert (2014/2015)

LITERATUR & QUELLEN: [www.mikrowellenterror.de]

Ende der Eröffnung HIER GEHT ES WEITER: >> SCHACH UND QUANTEN: >> 7. - 10. Teil [www.mikrowellenterror.de]



96 mal bearbeitet. Zuletzt am 27.05.2015 21:28 von Dr. Munzert.
Betreff Autor Angeklickt Datum/Zeit

Schach und Quantenphysik (2014/2015, 1. - 11. Teil)

Dr. Munzert 9031 06.10.2014 12:01:48

Re: Schach und Quantenphysik (2014 / 2015, 7. - 10. Teil)

Dr. Munzert 3741 23.10.2014 15:35:12

Re: Schach und Quantenphysik (2012- 2015, neue Inhaltsübersicht & 11. Teil)

Dr. Munzert 3125 23.03.2015 14:40:42



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